Schwarz-gelb: Die FDP setzt auf die Mittelschule

Auf dem NRW-Parteitag setzt sich Pinkwart mit der Idee des neuen Schulsystems durch. Das dient der Abgrenzung zur CDU.

Münster. Wenn Groß mit Klein regiert, muss Klein aufpassen, dass er auch wahrgenommen wird. Das gilt auch und gerade in Nordrhein-Westfalen, wo die CDU und ihr Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gute Umfragewerte haben, es aber um die FDP ein wenig ruhig geworden ist.

Und da die Liberalen hilflos zusehen müssen, wie sich die Union gegenüber den Grünen öffnet, ist es aus ihrer Sicht höchste Zeit, Profil zu zeigen. Auf dem Landesparteitag in Münster haben sie das beim Thema Schule gemacht - aber weniger drastisch als zunächst geplant.

"Wir nehmen uns die Freiheit, über neue Formen der Zusammenarbeit von Haupt-, Real- und Gesamtschulen bis hin zu einer differenzierten Regionalschule zu diskutieren, wie ich es mit meinem Vorschlag für eine regionale Mittelschule als Säule neben dem Gymnasium angeregt habe", sagte Landesparteichef Andreas Pinkwart.

Er legte gleichzeitig einen Beschlussvorschlag vor, die Bildungsdebatte in der Partei bis zum Herbst in diese Richtung voranzutreiben. Am Ende soll ein Schulfreiheitsgesetz stehen.

Die Botschaft war klar: Wir wollen weg vom gegliederten Schulsystem, das die CDU so halsstarrig verteidigt. Zwar war der Antrag noch ein wenig aufgeweicht worden, aber die Grundtendenz blieb: Die FDP will weg vom dreigliedrigen Schulsystem und hin zu einem Zwei-Säulen-Modell. Das ist auch im Landesverband selbst keineswegs unumstritten. "Die Partei ist regelrecht überfahren worden", wetterte der Delegierte Alexander Plahr.

Doch Pinkwart setzte sich durch. Seine sehr guten 92,7 Prozent Stimmergebnis bei der Wiederwahl bewiesen dies sehr deutlich. Er ist derzeit der starke Mann bei den Liberalen an Rhein und Ruhr. Ansonsten gab es neben eher flachen Merkel-Dekollete-Witzen (Pinkwart: "Die Kanzlerin gewährt derzeit tiefe Einblicke, aber keine Ausblicke") vor allem jede Menge Eigenlob, wie das bei Regierungsparteien so üblich ist.

"Wir haben eine gute Koalition mit der CDU", sagte etwa Gerhard Papke, Fraktionschef der FDP im Landtag. Freilich warf er der gleichen CDU vor, "vom Linkspopulismus befallen" zu sein. Aber da meinte er wahrscheinlich die Bundes-CDU. Auch wenn die Koalition glänzend dastehe, dürfe sie nicht in Trägheit verfallen, mahnte Papke und forderte die rasche Privatisierung der schwer angeschlagenen WestLB und die verbindliche und rasche Abwicklung des Steinkohlebergbaus.

Die Stimmungskanone auf FDP-Parteitagen gibt zuverlässig der Chef selbst, also Guido Westerwelle. Auch in Münster gab er wieder Kostproben seines Könnens. So versicherte er mit treuherzigem Augenaufschlag, er mache Politik nicht wegen der eigenen Karriere, sondern damit es dem Land besser gehe.

Im Mittelpunkt der liberalen Politik stehe die Mittelschicht, die immer mehr ausfranse und von den anderen Parteien gegängelt werde. "Die Mittelschicht schrumpft, weil die FDP nicht mitregiert."

Auch er bezeichnete die CDU als "Wunschpartner, alles andere sind Notlösungen." Aber er weigerte sich, sich durch eine Festlegung einmauern zu lassen. "Wir sind nicht in einem Lager mit Merkel." Auch die Liberalen haben aus der Hessen-Wahl gelernt. Dort gab es eine einseitige Koalitionsaussage der FDP Richtung CDU, die heute andere Lösungen erschwert. Ein Fehler, wie man intern längst weiß.

Ein in den vergangenen Jahren eher stiefmütterlich behandeltes Thema hatte in Münster übrigens wieder Konjunktur: die Bürgerrechte. Da durfte der Altvordere Burkhard Hirsch wettern:

"Es muss Schluss sein mit dem Gefummele an den Grundrechten", da zog Westerwelle gegen die jüngsten Berliner Pläne zum Großen Spähangriff vom Leder - einer klatschte immer begeistert mit: Landesinnenminister Ingo Wolf.

Dabei hatte der doch gerade erst mit seinem Gesetz zur Onlinedurchsuchung vor dem Karlsruher Bundesverfassungsgericht spektakulär Schiffbruch erlitten und eine empfindliche Niederlage kassiert.

Gegen Wolf geklagt hatte übrigens sein Parteifreund und Bürgerrechtler, der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum, in der Sache unterstützt von Hirsch und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Der gleiche Baum will jetzt womöglich auch gegen den Großen Spähangriff nach Karlsruhe gehen. Auch das finden die Liberalen gut.