Interview mit Andreas Pinkwart: „Grüne sind was für Reiche“

Düsseldorf. Der Chef der NRW-FDP, Andreas Pinkwart, wirbt für Schwarz-Gelb. Dennoch ärgert er die CDU beim Thema Schulsystem.

Herr Pinkwart, Schwarz-Grün ist die Farbe der Saison, spätestens seit der Hamburg-Wahl. Wurmt Sie das?

Pinkwart: Gar nicht, denn die Entwicklung in Hamburg hat nichts mit der Politik in NRW zu tun. Wir machen hier zusammen mit der CDU eine höchst erfolgreiche Politik für die Bürger.

Immerhin: Jürgen Rüttgers will in NRW eine Koalitionsaussage zugunsten der FDP abgeben. Wie lautet Ihre Antwort?

Pinkwart: Ich begrüße ausdrücklich den Willen zu einer weiteren Zusammenarbeit. Ich strebe an, dass wir mit einer wechselseitigen Koalitionsaussage in den Wahlkampf 2010 gehen und dort gut bestehen.

NRW als Blaupause für Berlin - das war der Anspruch Ihrer schwarz-gelben Landesregierung beim Amtsantritt vor drei Jahren. Gilt das heute noch?

Pinkwart: Mehr denn je. Das setzt allerdings voraus, dass sich die CDU in Berlin wieder auf den Kern der sozialen Marktwirtschaft besinnt.

Hier in NRW regieren Sie mit dem selbst ernannten Arbeiterführer Rüttgers, der immer wieder soziale Wohltaten und Nachbesserungen bei Hartz IV fordert. Wie groß sind die Bauchschmerzen?

Pinkwart: Sie werden sich wundern: Wir tragen die Forderungen zur Nachbesserunge bei Hartz IV voll mit. Es ist eine Sache der Gerechtigkeit, dass Ältere länger Arbeitslosengeld I beziehen. Damit haben wir uns auch durchgesetzt. Wirtschaftliche Vernunft und soziale Verantwortung gehören untrennbar zusammen.

Aber Guido Westerwelle denkt mittlerweile auch über andere Optionen als nur Schwarz-Gelb nach. Wie passt das zusammen?

Pinkwart: Das passt sehr gut zusammen. Denn Schwarz-Gelb mit einem Politikansatz wie in NRW wäre im Bund die beste Lösung. Aber es wäre falsch, eine Konstellation mit anderen demokratischen Parteien auszuschließen. Ausnahme: die Linkspartei.

Und da kann ich SPD und Grünen nur raten, gegenüber dieser Partei endlich klare Kante zu zeigen, statt sie hoffähig zu machen.

Westerwelle ist der erste FDP-Bundeschef seit Menschengedenken, der seine Partei nicht in einer Bundesregierung geführt hat. Ist die Bundestagswahl im kommenden Jahr seine letzte Chance?

Pinkwart: Ich bin mir sehr sicher, dass wir als FDP mit Guido Westerwelle in eine sehr gute Zukunft gehen. Er hat meine volle Unterstützung.

Die FDP ist bei den Wählern eine Marke: Sie gilt immer noch als Partei der Besserverdienenden. Wieso ist Ihnen der Ausbruch aus dem Turm der Ein-Themen-Partei nicht gelungen?

Pinkwart: In NRW werden wir längst ganz anders wahrgenommen. Als Partei, die für Leistungsgerechtigkeit eintritt, sich um die vergessene Mitte kümmert und für beste soziale Ergebnisse kämpft. Überall dort, wo die FDP mitregiert, geht es den Menschen besser. Der Schlüssel für mehr Chancen ist Bildung, Bildung, Bildung.

Ist heute ein Traum von einem Projekt 18, wie ihn Möllemann einst hatte, noch realistisch?

Pinkwart: Wir sind die dritte politische Kraft und wollen weiter wachsen. Alle Prognosen geben uns dafür beste Chancen. Unser Potenzial ist viel größer als das der Grünen. Deren Politik können sich nur noch die Reichen leisten.

Zurück zu NRW: Die CDU hält am gegliederten Schulsystem fest. Ist das aus Ihrer Sicht die hinreichende Antwort auf Pisa und die sinkenden Schülerzahlen?

Pinkwart: Ich schlage eine Weiterentwicklung des bestehenden Systems vor. Eine regionale Mittelschule als Ersatz für Haupt-, Real- und Gesamtschulen ist überall da sinnvoll, wo sinkende Schülerzahlen sonst zu Schulschließungen führen würden. Diese Schule soll nach unseren Vorstellungen in der kommenden Legislaturperiode, also zwischen 2010 und 2015, eingeführt werden.

Das macht die CDU mit?

Pinkwart: Wir setzen auf die Kraft der Überzeugung. Schließlich ist Sachsen unser Vorbild. Dort hat Kurt Biedenkopf genau diese Schule eingeführt - ein CDU-Mann.

Privat vor Staat war Ihr Motto im Jahr 2005, als Ihre Koalition anfing zu arbeiten. Jetzt garantiert das Land mit vielen Milliarden für die WestLB. Heißt es nun Staat vor Privat, oder wenden Sie das Motto gerade so, wie es passt?

Pinkwart: Die Verantwortung für diese Schieflage trägt Rot-Grün. Als die Gelegenheit günstig war, hätte die Vorgängerregierung die Bank privatisieren müssen. Das haben wir damals als FDP gefordert.

Derzeit geht es darum, die Bank zu retten und damit vor allem auch die Sparkassen. Aber mittelfristig gilt: Eine staatliche Bank hat im internationalen Investmentbanking nichts verloren. Deswegen halten wir an der Perspektive Privatisierung fest.