Sondersitzung des Landtags zu Haushalt und Erdbeben
Düsseldorf (dpa). Die Erdbebenkatastrophe in Japan und das Haushaltsurteil des nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichts beschäftigen den Landtag an diesem Dienstag in einer Sondersitzung.
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) will das Parlament über Folgen der Japan-Katastrophe unterrichten.
Im Bundesrat war die nordrhein-westfälische Landesregierung am vergangenen Freitag mit einem Antrag auf Rücknahme der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke gescheitert.
Aus Sicht der Ministerpräsidentin sind die Auswirkungen der Japan-Katastrophe auf die Weltwirtschaft ein Grund für eine weiterhin instabile ökonomische Lage. Die rot-grüne Minderheitsregierung sieht das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht weiter gestört. Daher hält sie es für gerechtfertigt, auch im laufenden Haushaltsjahr mehr neue Schulden zu machen als die Verfassung erlaubt.
Bei der Rekordverschuldung im abgelaufenen Haushaltsjahr machten die Verfassungsrichter der rot-grünen Regierung jedoch bereits einen Strich durch die Rechnung. Sie erklärten den Nachtragsetat 2010 in der vergangenen Woche für nichtig.
Die Richter untersagten nicht nur 1,3 Milliarden Euro an kreditfinanzierten zusätzlichen Rücklagen für die WestLB. Auch Finanzpolster für mögliche Zahlungen an die Kommunen für Einheitslasten und Kinderförderung von insgesamt 745 Millionen Euro stießen auf Widerspruch.
Landesregierung und Opposition prüfen nun, welche Auswirkungen das Urteil auf den Haushalt 2011 hat. Bislang strebt die Koalition keine gravierenden Veränderungen an. Die CDU legt die Latte hingegen hoch: Sie verlangt, die Verfassungsgrenze einzuhalten und nicht mehr neue Schulden zu machen als das Land für Investitionen ausgeben will. Dies wären rund 3,8 Milliarden Euro.
Eine höhere Verschuldung sei nur durch unabwendbare Ausgaben zu legitimieren, mahnt CDU-Landtagsfraktionschef Karl-Josef Laumann. Andernfalls will die CDU erneut vor dem Landesverfassungsgericht klagen und eine Auflösung des Landtags beantragen.
Ursprünglich wollte die Landesregierung 7,1 Milliarden Euro an neuen Krediten für das laufende Jahr ausgeben. Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sucht aber nach Sparmöglichkeiten und geht inzwischen von einer „6 vor dem Komma“ aus. Der Minister wird dem Parlament darlegen, welche Konsequenzen Rot-Grün aus dem Urteil ziehen will.
Kraft hatte bereits am Wochenende bekräftigt, dass es bei Bildung und Kinderbetreuung keine Kürzungen geben werde. Die Landesregierung hat bereits ein Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren durch den Landtag gebracht. Außerdem will sie das letzte Kindergartenjahr vor der Schule beitragsfrei stellen.
Mit dem Haushaltsstreit der Parteien wird auch die Frage von Neuwahlen in NRW verknüpft. Das Wahlergebnis in Sachsen-Anhalt vom vergangenen Wochenende, das die bisherigen politischen Verhältnisse dort weitgehend stabilisiert, hat für die Parteien in NRW keine Impulse gebracht. Lediglich die Grünen wittern Morgenluft. „Grüne Inhalte sind weiter im Aufwind und der Zuspruch zu einer ökologischen und sozialen Politik wächst“, kommentierte die Parteispitze der NRW-Grünen den Wahlausgang in Sachsen-Anhalt.
Dort konnten die Grünen ihr Ergebnis fast verdoppeln und werden nach 13 Jahren wieder in den Landtag einziehen. Auch in NRW hatten die Grünen in Umfragen der vergangenen Monate die deutlichsten Zuwächse zu verzeichnen. Der Wahlausgang in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am kommenden Wochenende dürfte einen wesentlichen Einfluss haben, wie sich die NRW-Parteien zum Thema Neuwahlen positionieren.