Stillstand bei Opel in Bochum
Finanzkrise: Ford, Opel, BMW und Daimler stoppen ihre Bänder, weil die Bestellungen rapide zurückgehen.
Bochum. Es ist wie ein Fluch: Bochum, immer wieder Bochum. Erneut geht in der Stadt die Angst vor dem Niedergang um, vor Massenentlassungen. Noch ist die Krise um die Handy-Produktion von Nokia nicht vergessen, da bangen die 5300 Mitarbeiter des Opelwerks um ihre Jobs. Die Bankenkrise hat die deutsche Wirtschaft erreicht - und wieder erwischt es die von Strukturkrisen ohnehin geschüttelte ehemalige Stadt der Zechen und Stahlwerke zuerst.
"Alle Bänder stehen still", heißt es im Opelwerk, das bereits mehrfach in Gefahr war. Wegen des rapiden Nachfragerückgangs stoppte der Autohersteller die Produktion für zwei Wochen. Das Unternehmen versucht erst gar nicht, die konjunkturelle Situation zu beschönigen. "Die Finanzkrise schlägt durch", sagt Unternehmenssprecher Andreas Krömer. "Die Menschen bestellen keine Autos mehr, weil sie ihr Geld festhalten."
Opel wird seinen Beschäftigten den Arbeitsausfall unter anderem über den Abbau von Überstunden auf Arbeitszeitkonten abgelten, Kündigungen soll es nicht geben.
Doch die Betriebsräte kann diese Zusicherung nicht beruhigen. "Das ist eine ungeheure Provokation", schimpft Gesamtbetriebsratsvorsitzender Klaus Franz. "Die Mitarbeiter rechnen mit Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich", sagt Franz. Auch befürchtet er, dass die Zwangspause erst der Auftakt einer schweren Krise sein könnte.
Aber die Krisen-Hochburg Bochum macht nur den Anfang: Opel will die Produktion bis zum Jahresende um 40000 Fahrzeuge drosseln; es soll zu einem zwei- bis dreiwöchigen Produktionsstopp in nahezu allen europäischen Werken kommen. So wird das Opel-Werk Eisenach in den kommenden drei Wochen still stehen. Lediglich im Stammwerk Rüsselsheim geht die Arbeit vorerst noch ohne Einschränkungen weiter.
Nicht nur Opel gerät unter die Räder: Zwar produzieren Daimler in Düsseldorf und Ford in Köln vorerst weiter, doch die Krisenmeldungen der Automobilindustrie überschlagen sich: So unterbricht der Münchner Autobauer BMW an seinem Standort Leipzig in der letzten Oktober-Woche die Herstellung. Ford entlässt wegen der Absatzflaute an seinem Standort in Saarlouis 200 Zeitarbeiter früher als geplant. Und bereits Anfang August hatte der Autobauer Daimler angekündigt, in mehreren deutschen Werken Schichten zu streichen.
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Fachhochschule Gelsenkirchen prophezeit der Autoindustrie sogar eine Kündigungswelle. "Die, die entlassen werden, werden hier nie wieder eingestellt." Die Finanzkrise habe gerade erst begonnen, orakelt Dudenhöffer. "Ich erwarte, dass uns ihre Auswirkungen nächstes Jahr voll treffen."
Noch vergangene Woche hatte die europäische Autoindustrie wegen der Finanzmarktkrise bei der Europäischen Union SOS gefunkt. Die Hersteller verlangen Anreize für Kunden, alte Autos auszutauschen.
Solche Anreize brauchen zumindest die Super-Reichen im globalen Dorf nicht; sie lassen sich ihre Konsumlaune nicht durch Krisenängste verderben. So meldet der Luxus-Sportwagen-Hersteller Maserati, dass die Zahl der weltweit verkauften Autos um 40 Prozent auf 5900 Fahrzeuge gestiegen sei.