Lehrer – heiß begehrt in NRW

Das Ministerium schafft die Planstellen, doch der Markt ist leer. Eltern schlagen Alarm.

Düsseldorf. Schüler klagen über ständig wechselnde Fachlehrer, Eltern über Stundenausfall, Schulleiter über fehlende Bewerber. Doch diese Wahrnehmung will so gar nicht zu den Statistiken passen, die das nordrhein-westfälische Schulministerium präsentiert. Danach sind zu den Herbstferien im Land nur knapp 600 ausgeschriebene Lehrerstellen nicht besetzt.

Auf die Gesamtzahl von rund 6400 allgemeinbildenden Schulen zwischen Rhein und Ruhr hört sich das nicht viel an. In den Schulen hat der Lehrermangel jedoch teils dramatische Auswirkungen - speziell für die Schüler der Mittelstufe. Dort fällt reihenweise Unterricht aus.

Auf 31 bis 34 Wochenstunden Regelunterricht hat sich die Kultusministerkonferenz einst verständigt. Die 7. und 8. Klassen sind dabei die ersten Jahrgänge in NRW, in denen sich die verkürzte Schulzeit bis zum Abitur niederschlägt. Wegen des Lehrermangels schaffen es viele Schulen jedoch gerade auf 25 Wochenstunden.

"Das ist eine Katastrophe", sagt etwa die Mutter eines Siebtklässlers am Friedrich-Rückert-Gymnasium in Düsseldorf. Alle vier Züge der siebten und achten Klassen haben nur 25, 26 oder im Höchstfall 28 Wochenstunden.

Die Unterversorgung in der Mittelstufe betrage rund 120 Stunden, betroffen seien vor allem Biologie und Physik. "Die Frage ist ja, wie und vor allem wann die Schüler den Stoff lernen sollen?", spricht sie die Sorge der Eltern aus. Jetzt hätten die Schüler viel Freizeit - irgendwann aber käme der Unterrichtsstoff geballt, so die Befürchtung.

Unverständnis herrscht auch darüber, dass der Stundenausfall nicht gleichmäßig auf die Stufen verteilt wird. "Ich vermute, dass die Eltern der Fünft- und Sechstklässler nicht aufgeschreckt werden sollen. Ganz nach dem Motto: Wenn in diesen Jahrgängen die Eltern mit der Schulorganisation unzufrieden sind, wechseln sie noch die Schule", mutmaßt die Mutter. In den späteren Jahrgängen sei der Zug für einen Schulwechsel dann abgefahren.

Konrad Großmann, Schulleiter am Friedrich-Rückert-Gymnasium, ist jedoch bemüht, die Kernfächer in seiner Schule abzudecken. "Wenn es im ersten Halbjahr der achten Klasse vielleicht nicht möglich ist, versuchen wird das durch mehr Stunden im zweiten Halbjahr oder in Stufe 9 auszugleichen", erklärt Großmann.

Das bedeute natürlich für die Schüler eine stärkere Belastung. "Aber es bringt nichts, wenn ich ein zu kleines Tischtuch hin- und herschiebe." Im Rahmen der selbstständigen Schule stellt es das Ministerium den Schulen frei, ihre Stundenkontingente innerhalb der Mittelstufe zu verschieben.

Der Lehrermangel ist nicht nur ein Problem der Friedrich-Rückert-Schule. "Aus Gesprächen mit Kollegen weiß ich, dass die Spanne der unbesetzten Stellen von 1,5 bis zu sieben reicht." Allein an den Gymnasien seien drei unbesetzte Stellen durchaus die Regel, so Großmann.

Betroffen seien längst nicht mehr allein die Naturwissenschaften und Mathematik. Sie bekamen schon vor Jahren den Stempel "Mangelfächer" aufgedrückt, weil dort händeringend Nachwuchs gesucht wurde. "Die Lehrer fehlen quer durch alle Fächer", sagt Großmann.

Dabei sei der Bedarf von Schule zu Schule unterschiedlich. "Das hängt von der Altersstruktur der Kollegien und den Pensionierungen ab." Sehr gefragt seien etwa Lateinlehrer - "da gibt es kaum Referendaranwärter". Aber auch Musik- und Spanischlehrer gebe es kaum auf dem Markt.