NRW halbiert die Zahl der Kopfnoten

Nach hartem Gerangel einigt sich Schwarz-Gelb. Die Lehrer bleiben aber kritisch.

Düsseldorf. Zwei, drei oder vier? Seit Wochen wurde über die künftige Anzahl der Kopfnoten auf den Zeugnissen der nordrhein-westfälischen Schüler spekuliert. Klar war nur: Sechs würden es nicht bleiben, zu umständlich und aufwändig war die bisherige Praxis. Schulministerin Barbara Sommer (CDU) wollte zwei streichen und künftig in vier Noten das Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler darstellen. Sie konnte sich nicht durchsetzen. Nach Verhandlungen wird es ab dem Halbjahrszeugnis die drei Kopfnoten Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit/Sorgfalt sowie Sozialverhalten geben.

Sommer verteidigte den Kompromiss: "Das ist eine gute Lösung, Eindeutigkeit und Transparenz sind damit gegeben", sagte sie im Landtag. Gegen die sechs Kopfnoten hatte es massive Proteste von Schülern, Eltern und Lehrern gegeben. Die CDU-Fraktion wollte gar eine Verringerung auf lediglich zwei Noten.

Die sechs Noten hatten vor allem in der Umsetzung für große Schwierigkeiten in den Schulen gesorgt. Da eine sorgfältige Abstimmung wie bei den regulären Fächern immens zeitaufwändig war, waren viele Kollegien dazu übergegangen, pauschal die Note "gut" zu vergeben und nur noch bei extremen Abweichungen anders zu bewerten. Auch künftig gibt es die vier Notenstufen sehr gut, gut, befriedigend und unbefriedigend - anders als die sechs Stufen bei den Fächern.

Keine Kopfnoten mehr erhalten künftig die klassischen Berufsschüler. Da handele es sich um erwachsene Frauen und Männer, die nur noch einen kleinen Teil ihrer Ausbildung in den Schulen, den Großteil aber in den Betrieben absolvierten, betont Helmut Stahl, Fraktionschef der CDU im Landtag. Die Grundschüler erhalten sie ab dem zweiten Halbjahr der dritten Klasse.

"Wir wären froh, wenn die Noten nicht reduziert würden." Das sagt Uwe Engelbrecht, Direktor der Stephanusschule in Krefeld. Zwei Tage hatte sich das Kollegium der städtischen katholischen Hauptschule zusammengesetzt und eigene Kriterien für die Kopfnoten erarbeitet. "Das Bewertungssystem hat sich bewährt", betont Engelbrecht heute. Seitens der Eltern seien die Reaktionen überaus positiv. "Viele Eltern waren platt, dass ihre Kinder sich so vorbildlich in der Schule verhalten." Auch für die Kinder und Jugendlichen seien die Kopfnoten eine Bestätigung. "Gerade den Stillen in der Klasse kommen die Kopfnoten zugute", meint der Direktor. Von der Reduzierung hält Engelbrecht wenig. "Dann werden die Noten zu pauschal."

Doch nicht jeder Schullleiter teilt diese Meinung. Werner Goller, stellvertretender Direktor der Peter-Ustinov-Gesamtschule in Monheim, hält die verbliebenen drei Kopfnoten für überflüssig. "Wir standen schon den sechs Noten kritisch gegenüber." Seine These: Die Grenzlinie zwischen objektiver und subjektiver Einschätzung sei schwer zu ziehen. "Trotzdem sind wir damals sehr ernsthaft an die Sache herangegangen", sagt Goller. "Wir haben aber im Zweifel für die Schüler entschieden, besonders mit Blick auf die Abschlusszeugnisse."

Ganz ohne Kopfnoten käme auch der Direktor der Gesamtschule Langerfeld in Wuppertal, Rainer Dahlhaus, aus. "Es gibt andere Möglichkeiten, pädagogisch auf die Schüler zu reagieren - etwa durch Bemerkungen im Zeugnis." Die Reduzierung sei eine politische, keine pädagogische Entscheidung, so Dahlhaus.

Von einer "halbherzigen Lösung" spricht eine Gymnasiallehrerin aus Düsseldorf. "Das Arbeitsverhalten fließt doch immer in die Fachnote mit ein. Und das Sozialverhalten ist nicht zu bewerten. Jeder Lehrer hat da eine eigene Meinung. Konservative Kollegen sehen das Schülerverhalten anders als Alt-68er." Bei der Notenvergabe sei es deshalb in den Lehrerkonferenzen zugegangen "wie auf einem Basar".