„Stumme Zeugen“ werden entscheidend sein

Kraftwerk-Unglück: Inzwischen konnten in den verschiedenen Krankenhäusern auch alle fünf verletzten Monteure vernommen werden, deren medizinischer Zustand inzwischen sehr stabil ist.

<strong>Grevenbroich. Auf der Kraftwerk-Baustelle in Grevenbroich wird nach dem schweren Unglück am vergangenen Donnerstag wieder gearbeitet. Die unmittelbare Unglücksstelle, wo durch herabstürzende Stahlteile drei Menschen getötet und fünf weitere verletzt worden waren, bleibt aber weiter gesperrt. Die drei Männer im Alter von 25, 32 und 35 Jahren waren getötet worden, als bei Montagearbeiten in fast 170 Meter Höhe Teile der Stahlkonstruktion für den Kesselbau zusammengebrochen waren. Die Unfallstelle wurde inzwischen mit einem Zaun abgesperrt, damit die Gutachter dort in Ruhe arbeiten können.

Suche nach Zeugen

Inzwischen konnten in den verschiedenen Krankenhäusern auch alle fünf verletzten Monteure vernommen werden, deren medizinischer Zustand inzwischen sehr stabil ist. Keiner von ihnen hatte allerdings gesehen, wie es zu dem Unfall gekommen war. "Die haben alle nur den Knall gehört", sagt Polizeisprecher Andreas Czogalla. "Aber keiner hat gesehen, wie es zum Knall gekommen ist." Damit hat sich die letzte Hoffnung der Ermittler zerschlagen, einen Augenzeugen zu finden, der die Unfallursache hat beobachten können. "Damit werden nun die stummen Zeugen entscheidend sein", hieß es aus Ermittlerkreisen - etwa Materialproben oder Bruchstellen.

Leichen wurden obduziert

Klarheit haben die Ermittler inzwischen über den Zeitpunkt, zu dem die drei ums Leben gekommenen Arbeiter starben. Ihre Leichen waren am Wochenende in der Düsseldorfer Gerichtsmedizin obduziert worden. Ergebnis: bei allen Dreien sei der Tod "sehr schnell" nach dem Unglück eingetreten. Dies rekonstruierten die Gerichtsmediziner aus der Art der Verletzungen, die die Monteure erlitten hatten. Den Zeitraum, den die Bezeichnung "sehr schnell" umfasst, konnten die Ermittler nicht konkretisieren: Einen Todeszeitpunkt auf die Minute genau feststellen könne nur Gerichtsmediziner Quincy in der gleichnamigen US-Fernsehserie, hieß es. Sicher sei aber, dass keiner der ums Leben Gekommenen stundenlang vergeblich auf eine Rettung habe warten müssen.

Experten beauftragen Experten

Die Suche nach der Unglücksursache wird die Experten voraussichtlich noch längere Zeit beschäftigen. Infrage kommen vier mögliche Ursachen: Materialprobleme, Fertigungsfehler, Konstruktionsfehler oder menschliches Versagen - oder eine Kombination aus mehreren dieser Möglichkeiten. Gestern erfuhr unsere Zeitung aus Ermittlerkreisen, dass die beiden Gutachter, die seit dem Wochenende beziehungsweise seit Montag die Unfallstelle untersuchen, nun ihrerseits weitere Gutachter beauftragt haben: Der Sachverständige für den Kranbau will noch einen Experten für Steuerungstechnik hinzuziehen, der Gutachter für den Stahlbau noch einen Sachverständigen für Materialkunde.

Dies könnte bedeuten, dass die Experten bereits eine Spur verfolgen: Denkbar wäre etwa, dass der Kran beim Einhängen der neuen Bauteile deren Gewicht zu plötzlich abgelassen hat und das Material der darunter liegenden Gitterkonstruktion dieser Stoßbelastung nicht gewachsen war.