Leitlinien für die Industrie Wirtschaftsminister Duin: Bekenntnis zur Industrie in NRW
Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) geht mit zahlreichen Ideen auf die Unternehmen zu.
Düsseldorf. „Industriepolitische Leitlinien NRW — Zukunftsfähigkeit der Industrie in Nordrhein-Westfalen dauerhaft sichern.“ So hat Landeswirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) seinen 13-seitigen Leitfaden überschrieben, den er nicht etwa zunächst im Kabinett und schon gar nicht mit dem grünen Koalitionspartner besprechen, sondern erst einmal den Unternehmen vorlegen will. Die sollen ihre Meinung dazu sagen. Und erst dann soll sich die Politik damit befassen.
Nein, das sei keine Reaktion auf die schlechten Nachrichten über das Null-Wachstum in NRW, versichert Duin gestern vor Journalisten in Düsseldorf. Das Programm sei in den vergangenen Monaten entwickelt worden. Und überhaupt, er habe doch immer einen Schwerpunkt seiner Arbeit beim Thema Industrie gesehen.
Er freue sich seht — da nimmt er schon das erhoffte Wahlergebnis vorweg — auf die nächsten Koalitionsverhandlungen 2017: „Ich glaube, dass man mit Blick auf Industrie- und Wirtschaftspolitik ein stärkeres Signal aussenden kann als im Vertrag von 2012.“ Es gehe darum, sich zu besinnen, „was sind die Stärken dieses Landes, dass das so bleibt und sich weiterentwickelt.“ Das gestern von ihm vorgestellte Papier enthält eine bunte Ideensammlung:
Beispiel Ausweisung von Flächen für Unternehmen: Hier verspricht der Wirtschaftsminister: „Keine einzige Unternehmenserweiterung, keine Neuansiedlung, die für Nordrhein-Westfalen angedacht ist, wird an dem Thema Fläche scheitern. Wir werden frei werdende Flächen, insbesondere die ehemaligen Bergbauflächen, schnell dem Markt zugänglich machen.“
Beispiel Akzeptanz von Projekten:
Sowohl bei Infrastrukturmaßnahmen als auch bei Neuinvestition gebe es immer wieder Skepsis bei den Menschen. Da kämpften Bürgerinitiativen gegen Stromkonverter, gegen Braunkohle, gegen Flughäfen — bei jedem größeren Vorhaben gehe es um Akzeptanz: Dass hier in einen Dialog mit den Bürgern auf Augenhöhe eingetreten werden müsse, sollte Selbstverständnis für Verwaltung und Unternehmen sein, sagt Duin. Und in Akzeptanzdebatten solle man durchaus über Alternativen reden, aber, und da wird er deutlich, „nicht über die Nullvariante. Wir sollten nicht darüber reden, dass ein Vorhaben gar nicht kommt, sondern wir reden über den besten Standort.“ Und: Er wolle Genehmigungsverfahren verkürzen.
Beispiel steuerliche Forschungsförderung:
Duin will eine bundespolitische Regelung anstoßen, dass insbesondere mittelständische Unternehmen bei ihren Forschungsvorhaben steuerlich gefördert werden. Das sei für Investitionsentscheidungen ein besonders wichtiges Kriterium. Er kann sich vorstellen, dass der Bund von dieser Förderung zunächst einmal zwei Milliarden Euro und die Länder dann noch mal zwei Milliarden tragen.
Beispiel Energiekosten:
Die EEG-Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien wird von den jetzigen Stormverbrauchern gezahlt, um das Versprechen an die Erbauer einzulösen, diesen für 20 Jahre eine Vergütung zu zahlen. Von diesen erneuerbaren Energien, so argumentiert Duin, profitierten aber doch auch spätere Generationen. Und zwar, ohne dafür zur Kasse gebeten zu werden. Unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit sei das falsch. Die schon früher von anderen angedachte, aber bisher nie realisierte Lösung: Wenn man einen öffentlich gespeisten Fonds bildet, könne die Vergütung weiter gezahlt werden, aber die Belastung zum Beispiel aktuell um die Hälfte gesenkt werden. Die EEG-Umlage würde also zugunsten aktueller Stromkunden und damit auch der Industrie gesenkt und dann zeitlich gestreckt. Auch spätere Generationen müssten also den Ausbau der Erneuer- baren noch mit bezahlen.
Und was sollen solche Leitlinien, was sollen sie leisten?
Duin dazu: „Wir haben immer wieder festgestellt, dass wir sehr viele Detailfragen miteinander besprechen, aber das Gefühl hatten, es fehlt noch an Leitplanken in diesen tagespolitischen Entscheidungen. Leitplanken, die ein langfristiges Gerüst geben und die einem helfen, wenn man irgendwann eine Einzelfallentscheidung treffen muss.“
Der Sozialdemokrat erklärt, das Bekenntnis zur Industrie solle in der breiten Öffentlichkeit eine Debatte über den Wert industrieller Produktion für das Land anstoßen und Verständnis für damit verbundene Beeinträchtigungen schaffen. Es gehe um Überzeugungsarbeit im Sinne eines öffentlichen Bewusstseins des Wertes von Industrie.
Duin betont: „Der Anteil von Industrie an unserem Wohlstand beträgt über ein Viertel. Über zwei Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen sind direkt in der Industrie beschäftigt.“ Es gehe auch um ein Signal an diejenigen, die den Wert der Industrie für den Wohlstand nicht mehr zu schätzen wissen. Die sich „Gedanken machen sollen, dass ihr Auto, ihre Turnschuhe, ihre Küche oder was auch immer nicht einfach so vom Himmel fallen.“