Versorgung Zelte, Container, Betten: Flüchtlingsunterkünfte und die Wirtschaft
Feldbetten, Duschen oder Container sind in Zeiten steigender Flüchtlingszahlen begehrte Güter. Welche Firmen an der Ausstattung der Unterkünfte verdienen, wird nicht gern öffentlich gemacht.
Düsseldorf. Bundesweit sind die Kosten für die Versorgung von Asylbewerbern explodiert. Die 16 Bundesländer rechnen damit, dieses Jahr rund 5 Milliarden Euro für Flüchtlinge auszugeben. Auch das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen muss immer tiefer in die Taschen greifen. Von fast 590 Millionen Euro in diesem Jahr steigen die Kosten nächstes Jahr auf 907 Millionen Euro - verglichen mit 2014 ein Anstieg um das Fünffache. Während Gemeinden unter den Belastungen ächzen, gibt es auch Nutznießer dieser Entwicklung: Containerfirmen, Sicherheitsdienste oder Putzkolonnen.
Die Versorgung von Flüchtlingen - eine Art Konjunkturprogramm für Unternehmen? Ein sensibles Thema. Welche Summen an die Unternehmen fließen, ist unklar. Oft schweigen die zuständigen Städte und Bezirksregierungen, welche Firmen die Aufträge erhalten. Das Onlineportal TED der Europäischen Union gibt Aufschluss über das Millionen-Geschäft Asyl. In der Datenbank sind öffentliche Ausschreibungen und Aufträge aufgelistet. Eine Suche mit Stichwörtern wie „Asylbewerber“ und „Flüchtlinge“ macht die Nachfrage der Kommunen und den Auftragswert für die Firmen greifbar.
Einen Auftrag im Gesamtwert von 3,4 Millionen Euro vergab kürzlich die Stadt Köln. Innerhalb von zwei Jahren will die Domstadt rund 2200 Elektro-Herde, 3800 Waschmaschinen und 4600 Kühlschränke für Asylbewerber und Hartz-IV-Empfänger kaufen. Magdeburg sucht Ausstattung für mehrere städtische Unterkünfte. Gefragt sind 9000 Bettwäsche-Sets, 5300 Federkernmatratzen, 2250 Etagenbetten und 1000 Kinderbetten. In Mittelfranken wiederum säubert eine Nürnberger Putzfirma vier Jahre lang eine Aufnahmeeinrichtung. Dafür erhält sie 1,3 Millionen Euro vom Staat.
Die Versorgung von Flüchtlingsunterkünften stellt Kommunen nicht nur vor eine finanzielle Belastungsprobe. „Für bestimmte Produktgruppen ist der Markt inzwischen wie leergefegt“, sagt ein Sprecher des Städte- und Gemeindebunds NRW. Auf der Suche nach Dixieklos oder Kopfkissen stünden die Verwaltungen in einem Konkurrenzkampf.
Mitunter werden da Mitarbeiter deutscher Amtsstuben hemdsärmelig. Wegen der zugespitzten Situation schreiben einige Gemeinden ihre Gesuche gar nicht mehr öffentlich aus. Zu langsam, zu schwerfällig und umständlich sei diese Methode, heißt es aus Verwaltungskreisen. Um Zeit zu sparen, telefoniert etwa die Landeshauptstadt Düsseldorf nach eigenen Angaben bei der kurzfristigen Suche nach Miet-Zelten einzelne Anbietern einfach ab.
Besonders stark steigt die Nachfrage nach Wohncontainern. Dies führt zu Lieferengpässen. Die Stadt Köln berichtet von einer Wartezeit von bis zu drei Monaten für einen Container. Leverkusen klagt über höhere Preise. Die Baubranche kann sich über schlechte Geschäfte mit der Unterbringung von Flüchtlingen wohl nicht beklagen. Wie dem Onlineportal TED zu entnehmen ist, erteilte die Stadt Wolfsburg im Dezember einen Auftrag für Fertighäuser. Der geschätzte Wert liegt bei 5,2 Millionen Euro.
Der Modulbauer Kleusberg aus dem rheinland-pfälzischen Wissen etwa hat volle Auftragsbücher. Im bayerischen Memmingen entsteht eine neue Containeranlage für 1,5 Millionen Euro. Es gebe „viele Anfragen“ von Kommunen, die jedoch „nicht immer in Aufträgen enden“, berichtet ein Mitarbeiter. Die Nachfrage sei groß: Einige kurzfristige Bestellungen könnten nicht sofort ausgeliefert werden.