Zugunglücke: Die Bahn packt die Säge aus

An den Gleisen sollen auch Risiko-Bäume in der zweiten Reihe gefällt werden.

Düsseldorf. Nicht nur das Schienennetz der Deutschen Bahn ist verlottert, auch rechts und links der Gleise lauern Gefahren. In den vergangenen Wochen hat es auch in der Region immer wieder Zwischenfälle gegeben: Bäume waren auf die Gleise gestürzt. Dabei entgleisten Züge, ein Triebwagen rammte sogar in eine Böschung. Wie durch ein Wunder kamen Fahrgäste nicht in größerem Ausmaß zu Schaden. Allerdings wurden bei einer Dienstfahrt von Wuppertal-Langerfeld nach Remscheid drei Eisenbahner verletzt. Dazu gab es erhebliche Verspätungen und jede Menge Ärger auf den Bahnsteigen.

Was unternimmt die Bahn gegen dieses Sicherheitsrisiko? Zu wenig, meint der Fahrgastverband Pro Bahn. Wenn die Bahn Verspätungen mit umgestürzten oder ins Gleisprofil hineinragenden Bäumen entschuldige, sei das eigentliche eine Anklage an ihr Tochterunternehmen DB Bahn Netz AG. Das ist verantwortlich für die Sicherheit an den Strecken. "Bei sachgemäßem Unterhalt der Infrastruktur durch DB Netz sollte man erwarten, dass solches nicht vorkommen kann", so der Verband. Auch der Bundesrechnungshof wirft der Bahn in einem Bericht vor, die Bäume zu dicht an den Gleisen wachsen zu lassen. Hintergrund der Nachlässigkeit: Man müsste für den Rückschnitt zu viele Arbeitskräfte einsetzen, so der Rechnungshof.

"Wir sind derzeit in einer Ausnahmesituation", erklärt Bahn-Sprecher Gerd Felser die Zustände. Durch die feuchte Witterung und den aufgeweichten Boden würden immer wieder unkalkulierbar Bäume umfallen. "Man sieht es ihnen am Morgen noch nicht an, und am Nachmittag liegen sie dann auf den Schienen", so Felser. Die Nachwirkungen des Orkans Kyrill vom Januar seien ebenfalls noch spürbar.

Und so ist die Bahn auf den am meisten bewaldeten Strecken dazu übergegangen - wie etwa zwischen Solingen und Oberbarmen - auch die Bäume in der zweiten Reihe zu fällen. "Wir fahren die Strecken zudem morgens regelmäßig ab, und die Lok-Führer achten bei jeder Fahrt auf riskant aussehende Bäume", so der Bahn-Sprecher.

Die Mitarbeiter von DB Netz sind laut Felser während des ganzen Winters mit dem Grünschnitt beschäftigt gewesen, da ab März kein Beschnitt mehr bei ausschlagenden Bäumen erlaubt ist - außer es besteht akuter Handlungsbedarf. Es gebe allerdings keine Richtlinien, wie nah ein Baum an der Schiene stehen dürfe. Und: Immer wieder würden sich auch Anwohner beschweren, die Bäume und Sträucher entlang der Strecke als Sicht- und Lärmschutz empfinden und sich gegen einen Rückschnitt wehren.

Felser räumt aber auch Nachlässigkeiten ein: "Vielleicht ist in der Vergangenheit ein wenig zu vorsichtig gestutzt worden." Doch dieses Problem habe man abgestellt. "Wir stehen immer in der Kritik. Stutzen wir zuviel, beschweren sich die Naturschützer. Stutzen wir zu wenig, werden wir nach der Sicherheit gefragt", sagt Felser. Es gelte aber der Grundsatz: Sicherheit vor Naturschutz.

Unfälle In den vergangenen vier Wochen hat es in der Region vier Zugunglücke wegen umgestürzter Bäume gegeben: Drei Bahn-Mitarbeiter werden am 13. Februar bei Remscheid verletzt, als ihr Zug entgleist; am 17. Februar fährt bei Remscheid eine Regionalbahn auf eine Tanne; eine S-Bahn prallt am 24. Februar bei Ratingen gegen einen umgestürzten Baum, der Lokführer erleidet Schnittwunden; am 1. März fällt bei Haan ein Baum auf eine S-Bahn.

Investitionen Die DB Netz AG widerspricht Vorwürfen, sie würde zu wenig in den Grünschnitt investieren. Auch "aufgrund der wachstums-fördernden Witterung der letzten beiden Jahre" habe man die Ausgaben für Vegetationskontrolle angehoben: 2005 wären dafür 24 Millionen Euro ausgegeben worden, 2006 wären es fast 47 Millionen Euro gewesen, und für 2007 seien etwa 50 Millionen Euro geplant.