Jugendkriminalität: Jung, männlich, gewalttätig

Mehr als die Hälfte der Schläger und Straßenräuber in Nordrhein-Westfalen ist jünger als 21 Jahre.

Düsseldorf. Die Gewaltkriminalität wird in Nordrhein-Westfalen immer mehr zu einem gesellschaftspolitischen Problem. Junge Menschen unter 21 Jahren stellen weit mehr als die Hälfte der Täter bei den gefährlichen oder schweren Körperverletzungen. Noch schlimmer sieht es bei den Raubdelikten aus: Hier sind 58,5 Prozent der Täter jugendlich, bei den Überfällen auf offener Straße sind es gar bis zu 75 Prozent. Das geht aus der Kriminalstatistik für das Jahr 2006 hervor, die Landesinnenminister Ingo Wolf (FDP) gestern im Landtag vorstellte.

Das sogenannte "Abziehen", also das Stehlen von Gegenständen unter Gewaltandrohung, ist die typische Form der Alltagskriminalität auf NRW-Straßen. Geklaut werden Mobiltelefone, Bargeld, Markenkleidung oder MP3-Player. Ob im Umfeld der Schulen, in Straßenbahnen oder Bussen - die Täter schlagen schnell und manchmal auch brutal zu.

Dabei ist Gewalt männlich, wie die Statistik ebenfalls belegt. Denn die Zahl der männlichen Tatverdächtigen liegt bei 86,3 Prozent, in der Mehrzahl der Fälle spielte etwa bei Körperverletzungen Alkohol eine unselige Rolle.

"Das ist keine gute Entwicklung. Dabei sind natürlich gesellschaftliche Entwicklungen entscheidend", sagte Wolf. Der FDP-Politiker sprach sich gegen eine Verschärfung der Gesetze aus. Damit stellte er sich gegen die Forderungen des Koalitionspartners CDU. Der hatte zuletzt die Einrichtung von Jugendstrafcamps gefordert. CDU-Rechtsexperte Harald Giebels befürwortet, das Jugendstrafrecht nur noch in Ausnahmefällen anzuwenden.

Giebels hat dabei besonders die so genannten Intensivtäter im Blick. Dazu werden bei der NRW-Polizei diejenigen Jugendlichen gezählt, die binnen eines Jahres mehr als fünf Straftaten begehen. Im vergangenen Jahr gab es davon rund 8700, die von Kontaktbeamten verstärkt zu Hause aufgesucht wurden. Wolf räumte ein, dass es in Ballungsräumen nach wie vor kriminelle Jugendbanden gebe. Zuletzt hatte es wieder Meldungen aus Köln über gewalttätige Jugendgangs gegeben. Die Zunahme bei den Gewalttaten steht im Kontrast zu anderen Entwicklungen in der Statistik. So ist die Gesamtzahl der Straftaten im vergangenen Jahr gegenüber 2005 um 0,8 Prozent auf 1,49 Millionen Delikte gesunken, die Aufklärungsquote auf fast 50 Prozent gestiegen.

In einzelnen Deliktgruppen gibt es sogar Rekordzahlen zu vermelden. Die Zahl der Autodiebstähle (9457) ist so niedrig wie seit 41 Jahren nicht mehr, weniger Wohnungseinbrüche (37 686) gab es zuletzt vor 24 Jahren. Wolf führte dies auf die zahlreichen Präventionskampagnen des Landes zurück. Tatsache ist aber auch, dass Autos immer diebstahlsicherer geworden sind und viele Hausbesitzer ihr Eigentum vermehrt mit guten Schlössern und Alarmanlagen schützen.

Mit grandiosen Zahlen wartet die NRW-Polizei bei der Internetkriminalität auf. Hier vermeldet sie eine Aufklärungsrate von 86 Prozent bei rund 60 000 Delikten, darunter vor allem Betrug. Die Statistik verzeichnet hierbei einen Anteil von lediglich 3,9 Prozent für die Sexualdelikte. Jeder weiß aber, dass damit nur ein Bruchteil der tatsächlichen Internet-Schweinereien erfasst ist - gerade im Bereich der Kinderpornografie ist die Dunkelziffer nach wie vor groß.