Rosenmontagszüge: Düsseldorf geht bis an die Grenzen der Narrenfreiheit
Während die Kölner auf Islam-Scherze verzichten, widersetzen sich die Düsseldorfer der Selbstzensur.
Düsseldorf/Köln. Wer einen besonders mutigen, provokanten Rosenmontagszug sehen will, sollte auch in diesem Jahr nach Düsseldorf kommen. Denn anders als die närrische Konkurrenz in Köln trauen sich die Wagenbauer in der Landeshauptstadt wieder an das heiße Eisen "Kampf der Kulturen" heran. Nachdem im Vorjahr der Karikaturenstreit tobte und die Karnevalisten in ganz Deutschland auf Islam-Scherze aller Art verzichteten, sei die jecke Schonzeit für Muslime nun vorbei, finden die Düsseldorfer um den Bildhauer Jacques Tilly. Dass der Bund Deutscher Karneval in Köln die Order ausgegeben hat, auch 2007 auf religiöse Themen zu verzichten, beeindruckt den Künstler aus Düsseldorf nicht. "Die sollen den Karneval fördern und nicht verhindern", ärgerte sich Tilly und baute gleich einen Wagen, auf dem drei Moslems zu sehen sind, darunter ein schiitischer Mullah, der Arm in Arm mit einem Bischof ein Herzchen festhält. "Frieden zwischen den Religionen - die größte aller Illusionen", heißt das eher harmlose Motto dazu. Ein Wagen allerdings soll es in sich haben. Der sei "hart an der Grenze", kündigt Tilly an. Worum es dabei genau geht, will er aber nicht verraten, um Ärger im Vorfeld zu vermeiden. 2005 hatte es Beschwerden gehagelt, nachdem bekannt geworden war, dass ein Motiv den Kölner Kardinal Joachim Meisner aufs Korn nimmt. Der Wagen zeigte Meisner, wie er einen Scheiterhaufen anzündet, auf dem eine Frau bekennt: "Ich habe abgetrieben." Die Kölner Wagenbauer trauen sich an eine direkte Islam-Satire nicht heran. Man wolle keine religiösen Gefühle verletzen. Mit Feigheit habe das nichts zu tun, meint Kölns Zugleiter Christoph Kuckelkorn und kann sich im Gespräch mit "Spiegel online" einen Seitenhieb auf Düsseldorf nicht verkneifen: "Diese kleine Stadt im Kölner Norden nimmt ja keiner wahr. Deswegen sucht sie Öffentlichkeit über Provokation."
Was Kuckelkorn dabei verschweigt, sind seine Versuche, den Düsseldorfer Wagenbauer Tilly abzuwerben - als "Berater" für den eigenen Zug. Doch die Kölner bissen auf Granit. "Ich bin Düsseldorfer, und hier gehöre ich hin", machte ihnen Tilly klar.