Metaller-Abschluss stärkt den Euro-Raum
Die Experten jubeln: Höhere Löhne würden den Druck auf die kriselnden Staaten verringern.
Frankfurt. Für Volkswirte steht nach dem Metall-Tarifabschluss in Baden-Württemberg eines fest: „Die Entgelte in der deutschen Wirtschaft werden dieses Jahr deutlich stärker zulegen als 2011.“ 4,3 Prozent mehr Geld in der Schlüsselbranche bleiben auch für die anderen Arbeitnehmer und für die gesamte Eurozone nicht ohne Folgen. So gilt die exportstarke Metall- und Elektrobranche mit ihren 3,6 Millionen Beschäftigten als Lokomotive sowohl für die Gehälter im Inland als auch für die wirtschaftliche Entwicklung Europas.
Die Ära moderater Lohnabschlüsse sei erst mal vorbei, meint Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. „Von nun an sollten die Lohnstückkosten in Deutschland stärker zulegen als im Rest des Euroraums.“ Das helfe den hochverschuldeten Peripherieländern bei der dringend nötigen Aufholjagd. Als nächstes wollen sich die 550 000 Beschäftigten der Chemie-Industrie ihren Anteil holen, wenn sie am Mittwoch ihre Tarifverhandlungen fortsetzen.
„Sind die Lohnabschlüsse in Deutschland höher als im Durchschnitt des Euroraums, hilft dies nicht zuletzt allen Krisenländern“, erläutert der gewerkschaftsnahe Ökonom Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie in Düsseldorf. Dies erspare den Gläubigern Vermögensverluste und den Steuerzahlern neue Hilfsprogramme.
Der Bundesregierung kommt der Abschluss gerade recht, lässt er doch ein wenig Dampf aus dem Euro-Kessel. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich während der Tarifverhandlungen für deutliche Lohnsteigerungen mit dem Argument ausgesprochen, dass sich Deutschland das nach schmerzhaften Reformjahren besser leisten könne als die anderen. „Lohnsteigerungen tragen auch zum Abbau von Ungleichgewichten innerhalb Europas bei. Aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht übertreiben“, so Schäubles Kernsätze.
Eine übermäßige Inflationsgefahr gehe von dem vergleichsweise hohen Sindelfinger Abschluss nicht aus, sagt Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Für das Kalenderjahr 2012 bedeute der Tarifvertrag einen Lohnanstieg von 3,6 Prozent. Das reiche aus, um den Konsum und damit die Konjunktur in Deutschland weiter zu stärken, sei aber für die Preissteigerung „gerade noch verkraftbar“.