Nach der Notlandung zum Wahlkampf

SPD-Chef Franz Müntefering und 72 weitere Fluggäste haben in Stuttgart eine Bruchlandung überstanden.

Stuttgart. Saft- und kraftlos, stromlinienförmig und langweilig - so lauteten bislang die meisten Kommentare zum Bundestagswahlkampf. Für SPD-Chef Franz Müntefering ist die Gemütslage spätestens seit Montag komplett anders.

Denn beim Anflug auf den Stuttgarter Flughafen wäre es beinahe zur Katastrophe gekommen: Die Passagiermaschine vom Typ Fokker 100 musste ohne Räder notlanden. Müntefering und die 77 anderen Insassen des Flugs LH 288 kamen zwar mit dem Schrecken davon. Der 69-Jährige räumte aber ein: "Das reicht ein Mal im Leben."

Obwohl sichtlich mitgenommen und etwas blass um die Nase, wurde der SPD-Chef nach dem Zwischenfall wieder einmal seinem Ruf als unermüdlicher Kämpfer für seine Partei gerecht, der sich harten Belastungsproben aussetzt. Die Frage, ob er Todesangst gehabt hätte, verneinte er.

Schließlich sei "noch kein Meister von Himmel gefallen", witzelte er. Während die anderen Fluggäste von Psychologen betreut wurden, ließ sich Müntefering in ein Stuttgarter Bierzelt fahren, wo er routiniert die Wahlkampfziele der SPD verkündete.

Anschließend ließ er sich geduldig von Anhängern fotografieren. Geschützt von einer Schürze musste Müntefering noch ein Bierfass anstechen und mit der lokalen SPD-Prominenz an einem Biertisch essen.

Dass "Münte", wie ihn seine Parteifreunde gern nennen, das Herz bei der Notlandung ordentlich in die Hose gerutscht war, gab er zu: Im Flugzeug habe zwar keine Panik geherrscht, und der Flugkapitän habe die Insassen die ganze Zeit über ihre Situation informiert. Dennoch sei er sich der "schwierigen Situation" voll bewusst gewesen. "Man guckt schon auf die Welt und findet sie gut."

Die Minuten vor der Notlandung und die Anweisungen des Piloten schilderte Müntefering so: "Er hat gesagt, ein Notfall und wir werden landen. Und er gab die Anweisung, was man zu machen hat, wie man sich zu verhalten hat, die Brille weg und alle spitzen Gegenstände weg und was alles so dazugehört, damit man sich möglichst nicht verletzt und wie man sich zusammenduckt. (...) Die Bahn ist auch entsprechend präpariert worden, so dass die Landung einfach unglaublich sanft war. (...) Wir sind alle ’rausgerutscht und haben uns geholfen. Die Damen mussten vorher die hohen Schuhe ausziehen, und dann sind wir hierher gefahren. Ich bin leider mit zehn Minuten Verspätung hier."

Für die restlichen Tage des Wahlkampfes bis zur Bundestagswahl am 27. September zeigte sich der SPD-Chef zuversichtlich: Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe das TV-Duell gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) klar gewonnen, meinte er. Trotz des Flugzeug-Zwischenfalls werde er zur Unterstützung Steinmeiers seine Reden wie geplant fortsetzen und am Abend wieder in einem Flieger zum nächsten Auftritt sitzen.