Nach der Wahl: Linke mischen die Karten in NRW - Rüttgers wartet ab
Düsseldorf. Im Spiel um die Macht am Rhein mischenjetzt die Linken in Nordrhein-Westfalen die Karten. Nach derLandtagswahl am 9. Mai stellen zunächst die kleinen Parteien dieWeichen - zumindest in welche Richtung es nicht geht.
Zuerst hatte die FDP sich in der vergangenen Woche für dieOppositionsrolle entschieden. Mit einem Schlag hatte sie sowohl dieKoalitionsoption „Ampel“ mit SPD und Grünen als auch „Jamaika“ mit CDUund Grünen vom Tisch gewischt. Falls jetzt noch die Linke SPD undGrünen die dunkelrote Karte zeigen sollte, um sich in die Opposition zuverabschieden, bliebe nur noch eine große Koalition.
Doch so prompt wie die Absage der FDP kam, dürfte mit einerEntscheidung der Linken in NRW nicht zu rechnen sein. Da ist die Basisvor. Zunächst entscheidet der Landesvorstand, ob die Linke ein erstesSondierungsgespräch mit SPD und Grünen führen darf. Dann wird in dreiRegionalkonferenzen über Rot-Rot-Grün beraten. Und schließlich soll amPfingstsonntag noch ein Landesparteitag in Bottrop beschließen, ob nacheinem ersten Aufschlag in dieser Woche weiter sondiert werden darf.
Die langwierigen und unberechenbaren Entscheidungsprozesse sind einwesentlicher Teil des Unbehagens, das SPD und Grüne beim Gedanken andie Linkspartei quält. Dennoch betonen SPD- LandesparteichefinHannelore Kraft und Grünen-Landtagsfraktionschefin Sylvia Löhrmannimmer wieder: „Wir führen ernsthafte Gespräche.“ Bei der schwierigenRegierungsbildung gebe es keine Show- oder Alibi- Veranstaltungen.
Wie die Katze vor dem Mauseloch wartet unterdessen MinisterpräsidentJürgen Rüttgers (CDU), wie seine Herausforderin Kraft sich um eineRegierungsbildung müht. Platzt auch noch Rot-Rot-Grün, laufen dieKoalitionsverhandlungen automatisch auf ihn zu. Bis dahin gönnt sichseine Landtagsfraktion schon einmal einen längeren Pfingsturlaub.
Von ihrem Rostocker Bundesparteitag funkten die Linken am Wochenendeviele politische Abrüstungssignale an die SPD. Radikale Forderungen -wie die Vergesellschaftung der Energiekonzerne oder Übergang zur30-Stunden-Woche - wurden aus der Landespolitik ausgeklammert.
Doch die beiden Frauen, die künftig Nordrhein-Westfalen regierenwollen, bleiben reserviert. Sowohl Kraft als auch Löhrmann halten sichmit öffentlicher Vorfreude sehr zurück. In der SPD wurden allerdingsGerüchte dementiert, die am Rande des Rostocker Parteitags kolportiertworden waren. Demnach soll es unter den 67 SPD- Abgeordneten im neuenLandtag etwa 10 geben, die für ein Bündnis mit den Linken keinesfallsdie Hand heben würden.
Offiziell will die Partei solche Spekulationen zwar nicht kommentieren.Es habe aber in der Fraktion, in der etwa jedes dritte Mitglied neu inden Landtag einzieht, überhaupt noch kein Meinungsbild zu dieser Fragegegeben, hieß es.
Für die Grünen, die ihr Wahlergebnis fast verdoppeln konnten, wäre esbitter, weiter auf den Oppositionsbänken sitzen zu müssen und eine„lähmende große Koalition“ mitzuerleben. Wenn die Programme nicht inÜbereinstimmung gebracht werden könnten und Zweifel an derVerlässlichkeit der Linkspartei blieben, sei dies aber der einzige Weg,sagte Löhrmann dem NDR. „Ich kann auch für die SPD sprechen, dass wirhier keine Chaosstrategie fahren und keine Experimente machen können,sondern dass wir ein solides Fundament für Regierungshandeln brauchen.“