NSA-Affäre: Obama mit Charmeoffensive
In der NSA-Affäre versucht der US-Präsident, die Wogen mit seichten Worten zu glätten.
Berlin/Washington. Ob sich Angela Merkel davon beeindrucken lässt? Es ist eine regelrechte Charme-Offensive, die der mächtigste Mann der Welt gestartet hat, um die Kanzlerin zu umgarnen. Erst lädt er sie zu einem Besuch nach Washington ein. Und jetzt wirbt der Amerikaner auch noch in samtweicher Tonlage vor einem deutschen Millionenpublikum im Fernsehen um die Gunst der Deutschen. Und für Verständnis der Bundesbürger. Der Hintergrund: Die NSA-Affäre.
Die von ihm angekündigten Beschränkungen für die wegen ihrer weltumspannenden Datensammlei umstrittene National Security Agency (NSA) sollten das deutsche Volk, die Kanzlerin und andere Partner und Freunde in der Welt beruhigen, sagt Obama im ZDF. „Es soll ihnen klar machen, dass wir uns nicht so verhalten, dass ihre Privatsphäre verletzt wird.“
Über Merkel sagt der US-Präsident mit ruhiger Stimme: „Ich habe eine Beziehung von Freundschaft und Vertrauen mit ihr und zu ihr aufgebaut, weil sie immer so offen mit mir umgeht, und ich dasselbe versuche.“ Er versichert: „Ich muss und darf diese Beziehungen nicht durch solche Überwachungsmaßnahmen beschädigen, die unsere vertrauensvolle Kommunikation behindern würde.“
Doch Obama dürfte wissen: Das ist längst geschehen. Direkt nachdem die seit 2002 dauernde und erst im Herbst 2013 beendete Spionageaktion gegen Merkels Handy bekanntgeworden war, hatte sie ihrer Empörung ungewohnt undiplomatisch Luft gemacht. „Ausspähen unter Freunden — das geht gar nicht“, ließ sie damals wissen. Seither ist das Klima zwischen Berlin und Washington frostig.
Schon mit den Äußerungen vom Freitagabend, als er Konsequenzen aus der NSA-Affäre ankündigte, hatte der Präsident in Berlin Skepsis hinterlassen. Die Bundesregierung begrüßte zwar grundsätzlich, dass Datenschutz und Persönlichkeitsrechte auch von Nicht-US-Bürgern künftig stärker geachtet werden sollen. Kühl hieß es dann weiter, man werde die Ankündigungen genau analysieren.
Die Kernpunkte der Obama-Rede zur NSA-Reform dürften bei den Berliner Unterhändlern in den stockenden Verhandlungen über ein Anti-Spionage-Abkommen Ernüchterung hervorgerufen haben. Telefondaten sollen weiterhin gesammelt werden. An der Überwachung ausländischer Staats- und Regierungschefs will Obama festhalten. Da werden sich die Amerikaner kaum auf ein substanzielles Abkommen über die Einschränkung der NSA-Spionage festnageln lassen, wird befürchtet.
Was steckt hinter den warmen Worten Obamas an die Adresse Merkels? Es geht unter anderem um handfeste Wirtschaftsinteressen, etwa bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA. Beide Seiten würden davon profitieren, doch es hakt - wegen der Datenschutzbedenken der Europäer. Merkel hat hier eine wichtige Stimme, das weiß Obama.