Organspende-Sendung: Eine Show, die an die Nieren geht
Die umstrittene Sendung des niederländischen Fernsehens am Freitagabend ruft auch die EU-Kommission auf den Plan.
Brüssel. An der "Großen Spendershow" des niederländischen Fernsehsenders BNN scheiden sich nicht nur im Nachbarland die Geister. Das äußerst umstrittene Format des TV-Produzenten Endemol ("Traumhochzeit", "Big Brother") hat auch die EU-Kommission auf den Plan gerufen. "Ich bin schockiert", sagte am Mittwoch EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou. Organspende sei ein ernstes Thema, stattdessen werde mit der Show das große Geld gemacht.
Im Mittelpunkt der bizarren "Spendershow", die Millionen Menschen buchstäblich an die Nieren geht und die Politiker sogar verbieten wollen, steht eine 37 Jahre alte, offenbar todkranke Niederländerin namens Lisa. Nach ihrem Ableben will sie ihre Nieren spenden, und die Zuschauer sollen mitentscheiden, wer von drei Kandidaten in den Genuss der Organe kommen soll.
Auf gewisse Weise profitierte der EU-Kommissar sogar vom Wirbel um die fragwürdige Spendershow. Umlagert von TV-Teams kündigte er gestern einen Brüsseler Aktionsplan zur Förderung von Organspenden und Transplantationen an. Schon im nächsten Jahr sollen in einer EU-Richtlinie Qualitäts- und Sicherheitsstandards sowie ein EU-Organspenderausweis festgeschrieben werden.
Der Mangel an Spenderorganen hat tödliche Folgen. In Europa stehen aktuell 40 000 Menschen auf Wartelisten für ein Spenderorgan, und jeden Tag sterben zehn Europäer, die auf ein Herz, eine Niere oder eine Leber warten.
Es mag ja einem guten Zweck dienen, wenn Endemol mit seiner Show nicht nur Einschaltquoten im Blick hat, sondern auch auf das Thema Organspenden aufmerksam machen will. Doch dass der Zweck nicht (immer) die Mittel heiligt, wird überdeutlich, wenn Menschen selbst zu Mitteln herabgewürdigt werden. Shows, bei denen Zuschauer Kandidaten zu "Superstars" erklären, weil sie etwas besser singen können als eine Kreissäge, mag man belächeln. Wenn es aber nicht um Ruhm und Geld geht, sondern um Leben und Tod, hört der Spaß auf. Die auf eine Spenderniere angewiesenen Kandidaten werden zum Spielball der Zuschauer und einer Ein-Frauen-Jury, die eine gottgleiche Entscheidung treffen soll. Das ist unerträglich. Hoffentlich halten das die deutschen TV-Macher nicht auch noch für eine gute Idee. Zuzutrauen wäre es ihnen.