Papst Benedikt: Ein unerwünschter Gast
Analyse: Das Kirchenoberhaupt reist am Donnerstag nach Großbritannien. Die Bürger sind skeptisch.
London. Zum Äußersten wird es wohl nicht kommen. Noch im Frühjahr hatte Großbritanniens bekanntester Atheist, der Biologe Richard Dawkins, Autor des Bestsellers "Der Gotteswahn", ernsthaft erwogen, den Papst verhaften zu wollen, wenn dieser am Donnerstag zu seinem Staatsbesuch im Königreich eintrifft.
Dawkins ließ prüfen, ob BenediktXVI. wegen des Missbrauchs-Skandals in der katholischen Kirche persönlich zur Rechenschaft gezogen und vor Gericht gestellt werden könnte. Mittlerweile will man allerdings von einer Verhaftung Abstand nehmen. Aber wenn der Pontifex in Edinburgh eintrifft, ist doch ein Fakt nicht von der Hand zu weisen: Ihn erwartet ein zutiefst skeptisches Land.
Dabei soll dieser Besuch alte Wunden heilen. Seit sich 1534 die Anglikaner von der katholischen Kirche lösten, hat es keine offizielle Papstvisite gegeben. Als Johannes Paul II. 1982 das Königreich besuchte, handelte es sich nur um eine Pastoralreise. Jetzt soll Benedikts Staatsbesuch, wie Chris Patten, der Organisator auf britischer Seite, erklärte, "zu einer endgültigen Versöhnung" zwischen der katholischen Kirche und dem britischen Staat führen.
Die "Protest the Pope"-Kampagne, ein Zusammenschluss von rund 20 verschiedenen Organisationen, plant derweil landesweit Demonstrationen. Man wirft dem Papst nicht nur die Verantwortung für den Missbrauchs-Skandal vor, sondern auch seine Haltung zur Verhütung oder seine Weigerung, zur Aids-Bekämpfung Kondome zuzulassen.
Großbritanniens rund sechs Millionen Katholiken - ein Zehntel der Bevölkerung - freuen sich auf den Papstbesuch, aber ein Großteil ihrer nicht-katholischen Landsleute demonstrieren bestenfalls Indifferenz.
Der letzten Erhebung des "British Social Attitudes" zufolge würde sich gerade einmal ein Drittel der Bevölkerung in Großbritannien als religiös bezeichnen, während der Rest sich jeweils zur Hälfte als "ungläubig" oder als "ungewiss" einstuft.