Parteien: Der Wettlauf der Wohltäter
Fast täglich machen Politiker neue Vorschläge zur Entlastung der Bürger – ohne Pläne zur Gegenfinanzierung.
Berlin. Die Parteien übertreffen sich derzeit mit Vorschlägen zur Entlastung der Bürger. Damit wächst der Druck auf die Große Koalition, zumindest einen Teil der Wünsche in die Tat umzusetzen. Ein Überblick:
Die CSU will den Eingangssteuersatz von 15 auf 12 Prozent reduzieren. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll stabil bleiben, aber erst ab 60 000 Euro - und nicht schon ab 52 000 Euro - greifen. Dem CSU-Konzept zufolge würde eine vierköpfige Familie erst ab einem Einkommen von 32 000 Euro Steuern zahlen. Mit Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) unterstützt auch ein Mitglied der Bundesregierung die Pläne. "Es ist realistisch, den Menschen 28Milliarden Euro zurückzugeben", sagt er.
Auch die FDP macht sich für massive Steuersenkungen stark. Ende des Monats wollen die Liberalen auf ihrem Bundesparteitag in München ein Konzept beraten, das Entlastungen von etwa 25 Milliarden Euro vorsieht. Bei der Lohn- und Einkommensteuer will die FDP einen Stufentarif einführen: Für Einkommen bis 15 000 Euro soll ein Steuersatz von zehn Prozent gelten, zwischen 15 000 Euro und 40 000 Euro ein Satz von 25 Prozent, ab 40 000 Euro dann 35 Prozent. Im Gegenzug will die Partei Sonderregelungen streichen.
Die CDU will ihr Steuerkonzept bislang erst Anfang nächsten Jahres vorlegen. Dahinter steckt die Überlegung, dann mit neuen Vorschlägen in den Wahlkampf für die Bundestagswahl im September 2009 gehen zu können.
In der SPD mehren sich die Stimmen, die eine stärkere Belastung von Spitzenverdienern fordern. Um die "Leistungsträger in der Mittelschicht" zu entlasten, plädiert SPD-Vize Andrea Nahles für eine Vermögenssteuer.
Die CSU fordert die Wiedereinführung der Pauschale ab dem ersten Kilometer. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) reagierte mit einem eigenen Vorschlag. Gabriel schlägt eine einkommensabhängige Pendlerpauschale vor, die Geringverdiener entlasten soll. Die CDU lehnt Gabriels Idee ab.
SPD-Chef Kurt Beck will Ende Mai bei einem Zukunftskongress in Nürnberg "finanzpolitische Orientierungspunkte" seiner Partei vorlegen. Aufgeschreckt vom CSU-Konzept, hat Beck zunächst auch Steuersenkungen angekündigt, mittlerweile konzentrieren sich die Sozialdemokraten vor allem auf die Forderung nach niedrigeren Sozialabgaben.
Nach der CSU-Spitze macht sich auch Wirtschaftsminister Glos (CSU) für eine Erhöhung des Kindergeldes stark. Die FDP fordert eine Anhebung auf einheitlich 200 Euro pro Kind. Derzeit beträgt das Kindergeld für die ersten drei Kinder je 154 Euro im Monat. Für jedes weitere Kind zahlt der Staat 179 Euro.
Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) will eine stärkere Staffelung des Kindergeldes nach der Zahl der Kinder. Für das erste und zweite Kind würde es nach ihren Vorstellungen dann 160 Euro geben, für das dritte 203 und das vierte 229 Euro.
Mit dieser Staffelung könnte vor allem den stärker von Armut bedrohten Familien geholfen werden, argumentiert die Ministerin. Ebenfalls denkbar ist eine moderate Staffelung mit 160 Euro für das erste und zweite Kind, 180 für das dritte und 200 Euro für das vierte.
Der Benzin-Rekordpreis hat die Diskussion über Entlastungen der Autofahrer neu entfacht. So spricht sich FDP-Generalsekretär Dirk Niebel für einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Kraftstoffe aus. Er greift damit eine Idee von Parteichef Guido Westerwelle auf. Dieser fordert, dass für Gas, Strom und Öl nur der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gelten soll.