Berlin. Nach jahrelanger Debatte droht eine gesetzliche Regelung zur "Patientenverfügung" zu scheitern. Auf Wunsch der SPD wurde eine für morgen angesetzte abschließende Beratung und Abstimmung über die juristisch und ethisch schwierige Frage von der Tagesordnung des Bundestags genommen. Drei verschiedene Gruppen konnten sich nicht darauf verständigen, in welcher Reihenfolge über ihre Initiativen abgestimmt werden soll.
Bis zur Bundestagswahl bleiben dem Parlament jetzt nur noch zwei Sitzungswochen, so dass die Reform in Gefahr gerät. Kein Entwurf hat bislang eine Mehrheit. Derweil hat sich eine vierte Gruppe eingeschaltet, die überhaupt kein Gesetz will. Zu ihr zählt auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).
Mit Patientenverfügungen kann festgelegt werden, wie eine ärztliche Behandlung ablaufen soll, wenn der Patient zum Beispiel im Koma liegt und sich nicht äußern kann. Strittig ist, unter welchen Voraussetzungen von vornherein ein Behandlungsabbruch angeordnet werden kann. Die Hospiz-Stiftung geht nach einer Umfrage davon aus, dass rund neun Millionen Bürger eine Patientenverfügung haben.
Eine Gruppe um Joachim Stünker (SPD) fordert eine schriftliche Verfügung und legt dem Patienten keine weiteren Pflichten auf. Im Antrag einer Gruppe um Wolfgang Zöller (CSU) hat auch eine mündliche Willenserklärung Gültigkeit, sofern sie aktuell ist und auf die Krankheitssituation zutrifft. Zöller wie Stünker empfehlen eine ärztliche Beratung.
Die Abgeordneten Wolfgang Bosbach (CDU) und René Röspel (SPD) wollen den Patienten sogar verpflichten, vor jeder Verfügung einen Arzt zu konsultieren und die Erklärung alle fünf Jahre zu aktualisieren.
Beim Streit um die Reihenfolge der Abstimmung geht es um die Erfolgsstrategie. Wenn sich keine klare Mehrheit für einen Entwurf abzeichnet, hat jene Initiative die besten Aussichten, über die zuletzt abstimmt wird. Erfahrungsgemäß schließen sich die Parlamentarier an, deren Anträge zuvor abgelehnt worden sind.