Pferdefleisch-Skandal: Experten fordern mehr Kontrollen

Verbraucherzentrale NRW und Foodwatch sehen Verantwortung des Handels. Die Unternehmen wehren sich.

Düsseldorf. Ein weiterer Tag im Pferdefleisch-Skandal, und erneut kommen weitere Funde ans Licht. Aldi Süd, Metro und Lidl riefen Fertigwaren zurück. Kaiser’s bestätigte, dass in der bereits vor einigen Tagen aus dem Verkauf genommenen Lasagne bei Labortests in Frankreich Pferdefleisch nachgewiesen wurde.

Angesichts des ausufernden Skandals fordern Verbraucherschützer schärfere Kontrollen und Strafen. „Wir brauchen Strukturen, die sicherstellen: Lug und Betrug werden mit hoher Wahrscheinlichkeit entdeckt und richtig teuer“, sagte Matthias Wolfschmidt von der Organisation Foodwatch. Die Händler müssten ihrer Verantwortung nachkommen und zur Untersuchung ihrer Produkte verpflichtet werden. Verstöße sollten in Zukunft viel härter bestraft werden, so Wolfschmidt.

Der Handel hingegen wehrt sich gegen den Vorwurf, seine Zulieferer nicht genug kontrolliert und die Verbraucher nicht rechtzeitig informiert zu haben. Man sei der Sorgfaltspflicht „umgehend und über die gesetzlichen Vorgaben hinaus nachgekommen“, sagte Friedhelm Dornseifer vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels.

Eine Sprecherin von Kaiser’s-Tengelmann sagte unserer Zeitung: „Wir kontrollieren, wo wir können.“ Man habe sofort nach Bekanntwerden des Verdachts die Lasagne aus den Regalen genommen. „Wir fühlen uns von unseren Lieferanten getäuscht und betrogen“, sagte Raimund Luig, Sprecher der Geschäftsführung von Tengelmann. Er kritisierte auch den Umgang der Behörden mit dem Skandal. Aus Frankreich seien über das europaweite Warnsystem zu spät Informationen nach Deutschland gekommen. Aber ist der Handel im Fleischskandal nur ein Opfer?

„Die erste Verantwortung hat immer der Verkäufer“, hieß es am Freitag aus dem Bundesverbraucherministerium in Berlin. „Der muss gewährleisten, dass seine Produkte in Ordnung sind“, sagte eine Sprecherin. Den Forderungen der Verbraucherschützer nach mehr Kontrolle durch den Handel schloss sich das Ministerium aber nicht an.

„Die Unternehmen, die an den Produkten verdienen, dürfen nicht aus der Verantwortung genommen werden“, fordert hingegen Bernhard Burdick von der Verbraucherzentrale NRW. Der aktuelle Fall zeige erneut, dass nicht genug kontrolliert werde. „Wir können uns auf nichts mehr verlassen.“ Nun müssten systematische Eigenkontrollen vorgeschrieben und auch von öffentlicher Seite mehr nachgehalten werden. „Ein Produkt, das in Deutschland in den Handel kommt, muss sicher sein, und es muss stimmen, was draufsteht“, so Burdick.

NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) erneuerte seine Forderung nach mehr freiwilliger Transparenz der Unternehmen bei der Information ihrer Kunden. Es sei deutlich, dass die Händler schon seit einiger Zeit ohne Wissen der Kunden Rückrufaktionen durchgeführt hätten. Der Verdacht, dass Pferdefleisch in den Produkten verarbeitet wurde, bestand laut Ministerium offenbar schon länger.