Richter kassieren Berlusconis Immunität

Italiens Ministerpräsident droht eine Klagewelle. Steht er damit vor dem Ende seiner Karriere?

Rom. Die Spannung im römischen Regierungspalast war beständig gestiegen, mittwoch Abend platzte dann die Bombe: Das oberste italienische Gericht erklärte ein von Ministerpräsident Silvio Berlusconi 2008 unmittelbar nach seiner Wiederwahl verabschiedetes Immunitätsgesetz für verfassungswidrig. Begründung: Das Gesetz hätte eine Verfassungsänderung erfordert. Berlusconi hatte die Norm hingegen kurz nach seiner Wiederwahl unter dem Eindruck drohender Prozesse per Vertrauensabstimmung durchgedrückt.

Nun droht dem seit Monaten durch Affären gebeutelten Ministerpräsidenten die Wiederaufnahme gleich mehrerer Strafverfahren, unter anderem wegen des Vorwurfs der Bestechung und wegen Steuervergehen.

Das Urteil kam nicht ganz unerwartet. In der Opposition wie auch im Regierungslager war schon in den vergangenen Tagen ganz offen über die möglichen Folgen einer Ablehnung des "Lodo Alfano", wie das umstrittene Gesetz heißt, diskutiert worden. Während die Opposition vom Rücktritt des "Cavaliere" und einer "Übergangslösung" träumte, schloss die Regierungsmannschaft des Medienmoguls dies kategorisch aus. "Wenn Berlusconi fällt, dann schreiten wir zu den Urnen", hieß es einstimmig vom Berlusconi-treuen Europa-Minister, Andrea Ronchi, bis hin zum Berlusconi-kritischen Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Gianfranco Fini.

Der Chef der rechts-populistischen Regierungspartei "Lega Nord", Umberto Bossi, drohte gar, das Gericht wolle doch wohl kaum "den Zorn des Volkes heraufbeschwören".

Ein Rücktritt Berlusconis oder Neuwahlen sind aber weder zwingend noch sehr wahrscheinlich. Solange der für seine zahlreichen Probleme mit der Justiz bekannte Premier nicht aus eigenem Antrieb den Hut nimmt oder vom Parlament per Misstrauensvotum gestürzt wird, ändert sich rechtlich erstmal nichts. "Wenn die Richter das Gesetz ablehnen, verliert das Land kostbare Zeit", zitierten Zeitungen Berlusconi. Dann müsse er sich nämlich ab und an in Gerichtssälen tummeln.

Schon am Montagabend hatte der Medienmogul ärgerlich geschworen, er werde "auf jeden Fall bis zum Ende der Legislaturperiode regieren und dem Mandat der Wähler treubleiben". Für nicht wenige Italiener klingt dies wie eine Drohung.