Streit um Juncker: Cameron spricht von EU-Austritt
Großbritanniens Premier schickt offene Drohungen gen Brüssel. Konflikt um das EU-Spitzenamt eskaliert.
London/Berlin. Großbritanniens Premierminister David Cameron hat erstmals offen mit dem Austritt seines Landes aus der EU gedroht, sollte er sich mit seinen Forderungen in Brüssel nicht durchsetzen können. Im Streit um den nächsten Präsidenten der EU-Kommission hat der Brite laut „Spiegel“ erklärt, er könne den Verbleib seines Landes in der EU nicht garantieren, sollte der frühere Luxemburger Premier Jean-Claude Juncker das Amt bekommen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe sich bei dem Treffen mit den EU-Kollegen am vergangenen Dienstag zunächst auf die Seite der Juncker-Gegner geschlagen und so eine rasche Abstimmung verhindert, berichtet das Magazin weiter. Cameron soll Juncker, der die Mehrheit des frisch gewählten EU-Parlaments hinter sich weiß, als „Gesicht der 80er Jahre“ diffamiert haben.
Für Cameron steht Juncker für die in Großbritannien unbeliebte Devise „Mehr Europa“. Der Premierminister befürchtet, dass die Stimmung in seinem Land sich weiter gegen Europa wendet. Bei der Europawahl hatten fast 30 Prozent der Wähler in Großbritannien die EU-feindliche Ukip gewählt.
Juncker selbst reagierte in der „Bild am Sonntag“: „Die EU muss sich nicht erpressen lassen“, sagte er. Er zeigte sich weiter zuversichtlich, der nächste Präsident der Kommission zu werden.
Neben Großbritannien sollen laut „Spiegel“ drei weitere der 28 Mitgliedsstaaten — Ungarn, Schweden und die Niederlande — gegen Juncker sein. Auch Frankreichs Präsident François Hollande soll versucht haben, Juncker zu verhindern. Er habe Merkel mitteilen lassen, dass er nach dem Wahlerfolg der rechtsextremen Front National ein Signal für seine Regierung brauche und einen Franzosen an der Spitze der EU-Kommission wolle. dpa