Student kippt Glasverbot am Bodensee
Die von der Stadt Konstanz erlassene Regelung sollte vor Verletzungen schützen. Richter geben Freiheit des Einzelnen Vorrang.
Konstanz. Ein Student hat es der Stadt Konstanz gezeigt: Auf seine Klage hin kippte der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof das Glasverbot der Stadt. Das sollte eigentlich Kinder und Badegäste am Bodensee vor Scherben schützen.
Der Gemeinderat der Stadt hatte das Verbot im vergangenen Jahr erlassen. Passanten durften demnach zwischen Anfang April und Ende Oktober von 19 Uhr bis morgens um sechs Uhr in bestimmten Uferzonen des Bodensees und des Rheins keine Glasflaschen oder Glasbehältnisse mit sich führen. Der Grund: Kinder und Schwimmer könnten sich beim Baden verletzen. Bei Verstoß drohte eine Geldbuße von bis zu 100 Euro. Das Mannheimer Urteil hebt das Verbot mit sofortiger Wirkung auf.
Geklagt hatte ein 24-jähriger Politikstudent. Benjamin Wohnhaas will an warmen Sommerabenden weiterhin kühle Getränke aus Glasflaschen trinken und dabei auf den See schauen. Das Verbot war aus seiner Sicht ein „unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheit des Einzelnen“. Regionale Getränkefirmen unterstützten ihn bei der Klage.
„Wir haben in vollem Umfang gewonnen. Das Gericht hat uns bestätigt, dass das so nicht geht“, sagte Lars Ritterhoff, einer der beiden Klägeranwälte. „Wenn die Gemeinde eine Gefahr abwehren möchte, muss auch eine Gefahr da sein.“ Die Gemeinde habe jedoch nicht nachweisen können, dass es durch Glasflaschen am Ufer zu einer erhöhten Verletzungsgefahr kommt.
Die Richter hatten bei der mündlichen Verhandlung großen Wert auf genaue Fallzahlen gelegt. Nur damit stelle der Glasverzicht ein ernsthaftes Schutzgut dar, das über die Polizeiverordnung als Verbot geregelt werden könne. „Das ist aber alles nicht belegt“, sagte Gerichtspräsident Volker Ellenberger. Auch eine Muschelart im Bodensee könne Schnittverletzungen verursachen.
Für eine reine Gefahrenvorsorge sei ein Polizeigesetz nicht gemacht, sagte der Rechtsanwalt. Wenn die Gemeinden Alkoholverbote wie in Freiburg oder ein Glasverbot wie in Konstanz erlassen können sollen, sei zunächst einmal der Gesetzgeber gefragt. Aus der Sicht des Juristen wäre dies jedoch problematisch: „Um möglichen Gefahren vorzubeugen, müssten die Grundrechte vieler Menschen eingeschränkt werden.“ Schon jetzt gebe es genügend Rechtsgrundlagen, um Gefährdungen durch mutwilligen Glasbruch zu unterbinden.
„Wir brauchen für solche Verbote vielleicht eine breitere gesetzliche Grundlage“, sagte Stefan Gläser vom baden-württembergischen Städtetag. Er kündigte an, mit den Verantwortlichen vor Ort Kontakt aufnehmen, da die offenkundigen Probleme gelöst werden müssten.
Glasverbote gibt es am Bodensee in öffentlichen Freibädern — verbindlich durch die Badeordnung. Einen vorgeschriebenen Verzicht auf Glasflaschen gibt es auch bei vielen Großveranstaltungen oder dem Kölner Karneval. Auch in Düsseldorf gibt es an den Karnevalstagen ein Glasverbot. Die CDU in der Stadt hatte eine dauerhafte Regelung angestrebt. Jedoch nahm man davon Abstand, da es an einer entsprechenden rechtlichen Grundlage fehlt.