Tröten statt Alarmanlage im Solinger Finanzamt

Im Neubau gibt es weder Brandmelder noch Lautsprecher. Notfalls brauchen die Mitarbeiter starke Lungen.

Solingen. Es ist kein verspäteter Aprilscherz: Gut zwei Dutzend der 220 Steuerbeamten des Finanzamts Solingen sind in diesen Tagen mit Tröten ausgerüstet worden. Damit sollen sie im Brandfall Besucher und Mitarbeiter in den Büros alarmieren. Die Tröten sind laut Anweisung „stets griff- und funktionsbereit“ an genau festgelegten Stellen in den Schreibtischschubladen bereitzuhalten.

Dass diese mit Atemluft zu betätigenden Tröten zum offiziellen Brand- und Evakuierungsplan des erst im April bezogenen hochmodernen Finanzamtes in der Solinger Innenstadt gehören, amüsiert die Beamten. Ihr neues Amt hat immerhin mehr als 15 Millionen Euro gekostet — ohne Inventar. Doch weder für eine Brandmelde- noch für eine Lautsprecheranlage war Geld vorhanden.

Beides ist in dem fünfgeschossigen Gebäude auch vom Baugesetz her nicht nötig, wurde es doch derart modern geplant, dass es auf allen Etagen und Fluren stets die zwei vorgeschriebenen Fluchtwege gibt: Treppenhäuser an den Flurseiten, Notausstiege, Fluchttreppen und in den oberen Etagen spezielle Anstellflächen für Drehleitern der Feuerwehr.

Bei der Bauabnahme gab es darum keine Beanstandungen. Über die Telefonanlage, ausgelöst in der Pförtnerloge mit einem Signalknopf, werden nun im Ernstfall die Beamten in den Büros alarmiert. Brandalarm kann auch über die vernetzten Büro-Computer gegeben werden.

Die Schwachstelle: Es kann auch im Technik-Raum der Telefonanlage oder der Computer brennen. Daher haben sich die Sicherheitsexperten des Behördenhauses letztlich für die Blas-Tröten entschieden.

Dies wird mit Selbstironie aufgenommen. Das Argument, Beamte würden mehr ruhen denn arbeiten, zog auch nicht — eine Brandmeldeanlage ist nämlich nur dann vorgeschrieben, wenn es Schlaf- oder Ruheräume gibt. Büros reichen nicht.