Urteil: Niederlage für Linken-Abgeordneten

Der Verfassungsschutz darf die Partei weiter beobachten.

Leipzig. Erst hat er während der Verhandlung aufgebracht dazwischengeredet, nun ist Bodo Ramelow völlig außer sich: "Ich hab so ein bisschen das Gefühl, dass meine Kölner Fürsorgebehörde den Kalten Krieg noch nicht beendet hat!", schimpft der Thüringer Linksfraktions-Vorsitzende in einem ausführlichen Statement zum Schluss der Verhandlung am Leipziger Bundesverwaltungsgericht.

Mit der Kölner Fürsorgebehörde meint er den Bundesverfassungsschutz, der ihn seit langem beobachtet. Zwei Gerichte haben dies als rechtswidrig eingestuft. Nun fährt ihm das Bundesverwaltungsgericht in die Parade.

Die Bundesrichter urteilten, dass alle Linken-Spitzenpolitiker vom Verfassungsschutz beobachtet werden dürften, da es in der Partei extremistische Strömungen gebe. Sie sind zwar der Ansicht, dass die nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten "erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit" und auf die Mitwirkung der betroffenen Parteien an der politischen Willensbildung berge.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe sich aber auf eine offene Beobachtung beschränkt und den Kern der parlamentarischen Arbeit ausgenommen. Die Beobachtung sei verhältnismäßig und angemessen gewesen.

Die Verfassungsschützer begründen die Überwachung mit der Furcht vor der Rückkehr des Sozialismus. Linksextremistische Gruppen, die für die Diktatur des Proletariats schwärmten, hätten einen großen Einfluss auf die Partei und damit möglicherweise auch auf Ramelow, argumentieren sie.

Der Berichterstatter des Senats blickt bei der Frage, wie unantastbar das freie Mandat von Abgeordneten sein muss, noch tiefer in die Geschichte zurück und fragt: Hätte sich die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 verhindern lassen, wenn damals schon Verfassungsschützer die Abgeordneten überwacht und damit radikale Tendenzen rechtzeitig erkannt hätten?

Die Schlapphüte haben ihren Angaben zufolge Ramelow nicht mit geheimen Mitteln bespitzelt, sondern nur Material gesammelt, das für jeden zugänglich ist: Artikel in Zeitungen, Zeitschriften und im Internet sowie Pressemitteilungen. Dabei habe sich einiges "Interessantes" gefunden, sagt der Verfassungsschutz-Anwalt Wolfgang Roth und verwahrt sich gegen die Verhöhnung seiner Mandanten als Kölner Fürsorgebehörde.