US-Soldat verlangt Asyl in Deutschland
Vor sieben Jahren desertierte André Shepherd. Der in Bayern stationierte Soldat wollte nicht erneut in den Irak-Krieg ziehen.
Luxemburg. Er sei nie ein politischer Mensch gewesen, sagt André Lawrence Shepherd über sich selbst. Erst als US-Soldat sei er dazu geworden — weil die amerikanische Regierung ihr Volk in völkerrechtswidrige Kriege zwinge. Der Deserteur, der aus Protest gegen den Irak-Krieg Fahnenflucht bei der US-Army beging, kommt in Fahrt. In einem Mix aus Deutsch und Englisch sagt der groß gewachsene, schwarze Amerikaner: „Man muss politisch sein und diese Leute in die Arsch treten. Damit sie machen, was die Bevölkerung will.“ Und das Volk wolle in Frieden leben, fügt er auf Englisch hinzu.
Deshalb steht der 37-Jährige nun vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Er will als Vorreiter für US-Kriegsdienstverweigerer einstehen, für „viele Tausend Menschen, die in ähnlichen Situationen sind“, wie Shepherd sagt. Als erster US-Soldat beantragt er Asyl in Deutschland — ein Präzedenzfall in der Europäischen Union.
Naiv sei er gewesen, als er freiwillig in die US-Armee eintrat, sagt Shepherd heute. Er war Mitte 20, hatte als Student wenig Geld, schlief im Auto und ließ sich rekrutieren: „Es gab keine Möglichkeit, vorwärtszukommen. Das Military war eine Chance, etwas zu machen. Ich kann klipp und klar sagen, es tut mir leid, dass ich unterschrieben habe.“
Einige Jahre später, er war inzwischen Hubschrauber-Mechaniker der Armee und für die Wartung der Apache-Kampfhubschrauber zuständig, konnte der Mann aus Ohio es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, ein zweites Mal in den Irak-Krieg zu ziehen. Weil seine Einheit in Deutschland, in der Kaserne Katterbach bei Nürnberg stationiert war, tauchte Shepherd 2007 unter, versteckte sich bei Freunden. Erst ein Jahr später hatte er den Mut, Asyl in Deutschland zu beantragen. Sein Argument: In den USA drohten ihm 18 Jahre Haft — deshalb müsse der deutsche Staat ihn als politischen Flüchtling schützen.
„Der Fall ist schwierig“, sagt die Gutachterin am EU-Gerichtshof, Eleanor Sharpston. Zwei Stunden dauerte die mündliche Verhandlung gestern, ungewöhnlich lange, da Sharpston viele Nachfragen hatte. Zu klären ist etwa, wie ein Soldat überhaupt nachweisen könnte, dass er in völkerrechtswidrige Kampfhandlungen verstrickt werden könnte.