Von Beust: Merkel muss Härte zeigen

Hamburgs erster Bürgermeister stößt eine Debatte über den Führungsstil der Kanzlerin an.

Berlin. Ole von Beust hat sich in ein Sprachbild verliebt: "Kein Gockelgehabe”, sei eins der herausstechenden Merkmale der Kanzlerin. Was er damit meint, macht er auch klar: "Sie schlägt keine Pfauenräder.” Im Klartext: Sie verabscheut Eitelkeit.

Der erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg setzt in einem Interview höchst eigenwillige Akzente, indem er als Landes-Ministerpräsident für alle Öffentlichkeit erkennbar eine Debatte um die Führungsfähigkeit der Regierungschefin angestoßen hat.

Er wünscht sich manchmal sehr, dass Angela Merkel mit der Faust auf den Tisch schlage. Politik benötige auch symbolhaftes Handeln. Der Hamburger erklärt, dass man "auch mal einen Minister rausschmeißen” könne, der sich illoyal verhält.

Namen nennt er keine: "Nur jeder soll wissen: Wenn er wieder losschnattert, geht er ein Risiko ein.” Das habe er der Kanzlerin auch gesagt. Die Reaktion von Merkel auf den Ratschlag von außen? Von Beust: "Sie hat herzlich gelacht.”

Indem der 55-Jährige von der Kanzlerin mehr Führungsstärke verlangt, setzt er also ein "Zeichen des Zweifels” an Merkel, so seine Berater. Wobei es einen besonders originellen Akzent gibt: Über von Beusts möglichen Rückzug von der politischen Bühne Hamburgs und der Bundes-CDU wird seit Monaten spekuliert.

In dem Interview lässt er sich alle Optionen offen. Wenn er geht, wäre es der vierte CDU-Spitzenpolitiker binnen kürzester Frist, der Distanz zum politischen Betrieb und zur Kanzlerin sucht: Roland Koch geht freiwillig, Jürgen Rüttgers nach dem NRW-Wahldebakel zwangsweise. Der neue Bundespräsident Christian Wulff hatte sämtliche Parteiposten für das höchste Staatsamt aufzugeben. Und jetzt auch noch von Beust?

Merkel kann sich gegen den kühl kalkulierenden Hanseaten nicht so richtig zur Wehr setzen. Zumal er nicht der einzige ungebetene Ratgeber ist. Peter-Harry Carstensen, Schleswig-Holsteins ebenfalls als amtsmüde geltender CDU-Regierungschef, rät der Regierungschefin "Fehlverhalten deutlich zu benennen”.

Die Kanzlerin stelle sich der Debatte um einen neuen Umgangsstil "sehr offen”, so ein Berater.

Bereits am Montag hatte sie auf den Gremiensitzungen eingeräumt, dass die NRW-Wahl und die Kür des neuen Bundespräsidenten Wulff zur Desorientierung der Basis geführt habe.

Weite Teile der Partei kennen die Beschlusslage der Fraktion und der Bundesregierung nicht mehr, räumte sie ein. Merkel will im Herbst auf Regionalkonferenzen für bessere Stimmung sorgen. Vorher will sich das Präsidium zu einer Krisen-Klausur zurückziehen. Im November wartet in Karlsruhe ein Wahl-Parteitag.