Düsseldorf/Berlin. Nach den drei Landtagswahlen und der Kommunalwahl in NRW mit teils drastischen Verlusten für die CDU schwelt in der Union die Debatte über den richtigen Wahlkampfkurs, ohne dass sie bisher zu einer offenen Auseinandersetzung aufbricht. Erstmals gibt es auch aus NRW, dem größten CDU-Landesverband, Kritik an dem Konzept der Bundespartei und damit der Kanzlerin.
Auf der Sitzung des Landesvorstands am Montagabend in Düsseldorf fehlte Ronald Pofalla, der als Generalsekretär der Bundespartei der oberste Wahlkampfmanager ist, vom Niederrhein kommt und dort auch politisch groß geworden ist. Das war wohl besser für ihn, denn es fielen keine freundlichen Worte zum Verlauf der Kampagne.
"Es fehlt die Auseinandersetzung über die Inhalt, vor allem aber die Zuspitzung", sagte laut Sitzungsteilnehmern Peter Paziorek, Vize der Landespartei und Regierungspräsident in Münster. Er gilt als Vertrauter von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU).
Auch Rüttgers forderte in der Sitzung eine stärkere Emotionalisierung der Kampagne. Allerdings vermied er es, Berlin direkt in die Pflicht zu nehmen. Kurz vor der Bundestagswahl will er vermeiden, gegen Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel in Stellung gebracht zu werden. Auch vor Journalisten verlangte er nach einem "politischeren Wahlkampf", betonte aber, dass sich diese Forderung nicht gegen den Kurs Merkels richte.
Rüttgers brachte in der nicht-öffentlichen Sitzung der CDU-Landtagsfraktion ein eigenes Rezept ins Spiel, mit dem die Anhängerschaft mobilisiert werden könne: scharfe Front gegen Rot-Rot, aber Schonung der Grünen.
In eine ähnliche Richtung gingen am Dienstag die Vorschläge von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Er warnte vor dem möglichen Einfluss der Linkspartei auf Bundesebene. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier werde im Zweifel der Versuchung nicht widerstehen und mit der Linkspartei ein Bündnis eingehen, wenn es um die Macht gehe.
Mit Christian Wulff, dem CDU-Ministerpräsidenten aus Niedersachsen, ging ein dritter mächtiger Landesfürst in die gleiche Richtung: "Die CDU muss sich stärker als bislang mit der Linkspartei auseinandersetzen", sagte er dem Handelsblatt.
Doch Kritik an Merkel vermieden alle drei sorgfältig. Hier gab Koch den Ton vor: Es sei klar, dass die Bundestagswahl knapp ausgehe. "Da muss eine Partei mit aller Kraft von der Vorsitzenden bis zu allen anderen sich diesen Herausforderungen stellen. Angela Merkel tut das."
In zwei Punkten wurde die Kanzlerin am Dienstag deutlich: "Auch wenn es nur eine Stimme Mehrheit gibt, werden Union und FDP eine Koalition eingehen." Damit reagierte sie auf die Forderung von FDP-Chef Guido Westerwelle nach einem klärenden Wort in der Koalitionsfrage. Außerdem ging sie erstmals SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier frontal an und warf ihm vor, er führe seine Partei nicht: "Ich kann nicht beurteilen, wer in der SPD wirklich das Sagen hat. Herr Steinmeier hält sich ja auch hinreichend bedeckt."