Wie die rot-rote Machtoption schrittweise Gestalt annimmt

Beschlüsse der SPD gelten nicht für alle Zeiten.

Berlin. Immer wieder haben die Sozialdemokraten eine Zusammenarbeit mit der Linken/PDS ausgeschlossen, um dann doch mit den SED-Nachfolgern zu koalieren. Ein Rück- und Ausblick:

Die SPD-Führung unter Parteichef Rudolf Scharping beschließt: "Die PDS ist ein politischer Konkurrent und Gegner der SPD. Eine Zusammenarbeit mit ihr kommt für uns nicht in Frage." Die "Dresdner Erklärung" gilt als Antwort auf die "Rote-Socken"-Kampagne der Union.

In Sachsen-Anhalt verteidigt Reinhard Höppner (SPD), dass sich seine rot-grüne Minderheitsregierung von der PDS tolerieren lässt: Im Osten gebe es den "im Westen offenbar tief verwurzelten" Antikommunismus nicht.

Harald Ringstorff (SPD) verteidigt die von ihm geführte erste rot-rote Koalition in Mecklenburg-Vorpommern. Mittlerweile ist Oskar Lafontaine Chef der Bundes-SPD. 1999 erklärt er, die "Dresdner Erklärung" sei von der Wirklichkeit "überholt".

In Berlin lässt sich Klaus Wowereit (SPD) mit Hilfe der PDS zum Regierenden Bürgermeister wählen. Damit gewinne "die deutsche Hauptstadt neue Perspektiven", gratuliert sein Parteifreund Bundeskanzler Gerhard Schröder.

"Mit der Linkspartei geht nichts", versichert SPD-Chef Kurt Beck vor der Hessen-Wahl. Ein Jahr später schließt er lediglich eine "aktive Zusammenarbeit" aus.

"Mit der Linkspartei wird es keine Zusammenarbeit geben - so oder so", verspricht die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti vor der Hessen-Wahl auch in einem Interview mit unserer Zeitung. Drei Monate später ändert sie den Kurs und strebt - letztlich erfolglos - eine Zusammenarbeit an.

Franz Müntefering, Becks Nachfolger, gibt den SPD-Landesverbänden freie Hand für Kooperationen mit der Linken. Anders auf Bundesebene: "Bis 2013 wird da nichts gehen." Das verspricht auch SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier.

Erstmals könnte in einem westlichen Bundesland eine rot-rote Koalition entstehen: an der Saar. Um den Preis eines erneuten Wortbruchs könnte die SPD einen Linken zum Ministerpräsidenten wählen: in Thüringen.