Wann darf ein Embryo abgetötet werden?

Bei der PID geht es um ethische Fragen: Elternrecht, Menschenwürde und Diskriminierung.

Düsseldorf. Wenn die Abgeordneten am Donnerstag über die Präimplantationsdiagnostik (PID) abstimmen, gilt kein Fraktionszwang, jeder urteilt nach seinem Gewissen.

Es geht um Fälle, in denen ein hohes Risiko auf schwere Erbkrankheit oder Fehlgeburt droht. Es geht um das Leid von Frauen, die vielleicht schon das Martyrium mehrerer Totgeburten durchlaufen haben. Sie bekommen die Chance auf ein gesundes Kind.

Mit Verschmelzen von Samen- und Eizelle entsteht Leben, der Embryo ist Träger der Menschenwürde. Keine Frau, kein Arzt darf bestimmen, welcher von mehreren Embryonen sich weiterentwickeln darf. Der Staat darf diese Entscheidung nicht erlauben.

Wer das Verfahren verbietet, stellt Eltern mit gefährdeter genetischer Disposition vor die Wahl: entweder das Risiko einzugehen, ein schwer behindertes Kind zu bekommen, oder aber auf den Kinderwunsch zu verzichten. Auf ein Kind zu verzichten, schreiben allenfalls totalitäre Staaten vor.

Es gibt doch die Möglichkeit, ein Kind zu adoptieren. Lässt man die PID zu, so droht ein Dammbruch: Leben, das einem nicht passt — das „falsche“ Geschlecht, die „falsche“ Augenfarbe — wird aussortiert. Und in Zukunft werden sich Eltern mit Hilfe der PID ein genetisch ähnliches Kind aussuchen, damit dieses dem kranken Geschwisterkind später als Organspender dient.

Selbst der weitestgehende Gesetzentwurf ist weit entfernt davon, solch eine Selektion zu erlauben. Im übrigen stünde ein Verbot der PID in krassem Widerspruch zum Abtreibungsrecht: Einem Paar mit Kinderwunsch, das aufgrund genetischer Vorbelastung ein Risiko hat, ein Kind mit schwerer Erbkrankheit zu bekommen, bleibt dann nur die „Schwangerschaft auf Probe“. Stellt sich während der Schwangerschaft heraus, dass das werdende Kind das befürchtete Leiden geerbt hat, so ist eine Abtreibung straffrei möglich. In diesen Fällen wird ein viel reiferer Fötus getötet, als es beim künstlich befruchteten Embryo in der Petrischale der Fall wäre. Eine eng begrenzte Zulassung der PID könnte gerade zur Verringerung der Abtreibungen führen.

Es werden diejenigen diskriminiert, die mit einer Erbkrankheit leben. Ihnen wird signalisiert: Ihr wäret mit Hilfe der PID bereits als Embryo aussortiert worden.