Wer beerbt Horst Köhler?

Ursula von der Leyen (51) wird als aussichtsreiche Kandidatin gehandelt. Sie hält sich bedeckt.

Berlin. Die Frau weiß ganz genau, dass ihre Aktien nicht schlecht stehen: Ursula von der Leyen soll im Pressesaal ihres Arbeitsministeriums eigentlich die Arbeitsmarktzahlen kommentieren. Da wird sie nach ihren Präsidentschaftsambitionen gefragt. Sie führt die Finger ihrer linken Hand an den Mund. Die Botschaft lautet: Kein Ton von mir zu diesem Thema.

Es gibt viele Stimmen, die diesmal eine Frau an der Spitze des Staates sehen wollen. Und von der Leyen hat viel politische Regierungserfahrung. Sie war Familienministerin in der Großen Koalition, zuvor niedersächsische Sozialministerin unter Christian Wulff, der am Dienstag ebenfalls als Kandidat gehandelt wurde.

Wulff dürfte jedoch ebenso wenig eine Chance haben wie NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, die beide - so Unionskreise - viel zu intensiv mit der innenpolitischen Auseinandersetzung verwoben sind.

Wulff ist intelligent genug, sich öffentlich zu möglichen Ambitionen nicht zu äußern. Andere sind da mitteilungsbereiter. Norbert Lammert etwa. Sein Name war auch im Gespräch. Und er kann sein Interesse nicht wirklich verbergen, obwohl er sich bemüht. Lammert ist als Präsident des Deutschen Bundestages der dritte Mann im Staate - noch vor der Kanzlerin.

Und als dieser Bundestagspräsident hat der CDU-Politiker am Dienstag vor laufenden Kameras ein simples Datum genannt: 30. Juni 2010, ein Mittwoch. Es ist der Tag, an dem die 14. Bundesversammlung den nächsten Bundespräsidenten wählen soll.

Ob Lammert bereit steht? Er überlegt kurz. Dann sagt er, man hätte es "Ihnen und uns" besser "erspart, dass diese Notwendigkeit entsteht". Aber wenn schon, dann soll der Nachfolger die "ganz breite Unterstützung der Demokraten" bekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte noch am Abend des Köhler-Rücktritts erklärt, sie strebe eine große Mehrheit für den Kandidaten an.

Wer also? "Kann ein Krüppel höchste Staatsämter bekleiden?" Diese Frage stellt sich - nach eigenem Bekunden - Wolfgang Schäuble dann und wann schon mal. Der 67-Jährige ist seit einem Attentat auf einen Rollstuhl angewiesen. Neben den gesundheitlichen Bedenken gibt es ein zweites Problem: Für die FDP ist Schäuble wie ein rotes Tuch, gilt er doch als Hardliner.

Andere Namen sind eher pro forma aufgeführt. Bundesbildungsministerin Annette Schavan kommt mangels Rückendeckung aus dem Kanzleramt kaum infrage. Der ebenfalls genannte frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer könnte als Signal für eine schwarz-grüne Perspektive verstanden werden. Und diese Interpretation will Merkel angesichts der Schwierigkeiten in der Koalition vorerst vermeiden.