Willicher im Interview Uwe Schummers Ansichten aus dem CDU-Maschinenraum

Der Willicher ist Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU und spricht über die Auflösung der „Union der Mitte“, Regionalkonferenzen und die Chancen AKKs auf die Kanzlerschaft.

Uwe Schummer im Deutschen Bundestag.

Foto: Daniel Rudolph

Herr Schummer, wie ist nach dem CDU-Parteitag die Stimmung in der Unionsfraktion? Geschlossen – oder weiter gereizt, wie schon so lange?

Uwe Schummer: Das Signal von Leipzig ist klar: Wir wollen die Merkel-Regierung mit Respekt und Anstand unterstützen. Keine Machtfragen zur Unzeit. Annegret Kramp-Karrenbauer wird die CDU programmatisch und personell neu formieren. Dann geht es im September 2021 in eine geordnete Bundestagswahl. Bis dahin wird gearbeitet.

Werte-Union und Junge Union fahren laute Kritik an Parteiführung und Kanzlerin und vertreten die offenbar starke konservative Neigung in der Partei. Muss die CDU das nicht stärker berücksichtigen? Und was ist aus der innerparteilichen Gruppierung Union der Mitte geworden?

Schummer: Die Delegierten des Bundesparteitages haben sich klar gegen permanente Querschüsse von der Seitenlinie ausgesprochen; das gilt auch für die medial aufgeblasene Werte-Union, die sich seit Jahren mit Merkel-Bashing in Szene setzt. Wir wollen keine Ego-Trips, sondern Teamarbeit. Das gilt auch für die neue Führung der Jungen Union. Die CDU verfolgt einen Kurs der Mitte, bei Abgrenzung nach Links- und Rechtsaußen. Als Konsequenz dieser Grundrichtung der CDU Deutschlands hat sich die „Union der Mitte“, die ein loser Verbund von Netzwerkern ist, formal aufgelöst. Die CDU als Ganzes ist eine Union der Mitte.

Die Urabstimmung für die Kanzlerkandidatur ist auf dem Parteitag abgesagt worden. Ist Annegret Kramp-Karrenbauer jetzt für Sie künftige Kanzlerkandidatin? Oder wen sehen Sie?

Schummer: Nach dem eindeutigen Votum wird die K-Frage beim nächsten Bundesparteitag in 2020 entschieden. Die CDU-Vorsitzende wird das Verfahren in Zusammenarbeit mit dem Generalsekretär Paul Ziemiak entwickeln. Sicher werden im Vorfeld Regionalkonferenzen die Basis der Union einbinden. AKK hat beste Chancen. Sie hat in Leipzig die CDU hinter sich versammelt und auch ein enges Verhältnis zur CSU.

Wenn die CDU mehr Inhalt will als personelle Diskussionen – wo will sie in dieser Regierungskoalition Akzente setzen? Bislang scheint die SPD die treibende Kraft.

Schummer: Die Durchsetzung eines soliden Haushaltes ohne Neuverschuldung, die Förderung des Wohneigentums und der erste Schritt zur Beseitigung des Solis gingen klar auf das Konto der Union. Allein Gesundheitsminister Jens Spahn hat in 18 Monaten 18 Gesetze auf den Weg gebracht. Neben Aufwertung der Pflege auch wichtige ethische Themen wie Masernimpfung, Organspende und pränatale Diagnostik. In den verbleibenden zwei Jahren werden wir eine wirksame Klimapolitik mit der Sicherung unserer industriellen Zukunft verbinden müssen. Mit den Herkunftsländern wird es weiterhin darum gehen, Fluchtursachen zu beseitigen. Ganz wichtig ist im nächsten Jahr die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Es ist von großem Vorteil, dass mit Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin und Angela Merkel die europäische Einigung erfolgreich durch eine schwierige Zeit geführt wird.

Wie sehen Sie die künftigen Machtoptionen im Bund, auch mit Blick auf ein mögliches Ende der Groko durch den Koalitionspartner SPD und die immer stärkeren Ränder?

Schummer: In der fragilen Lage Europas wird von Deutschland Stabilität erwartet. Mit der Demokratie zockt man nicht. Sie ist auch nicht selbstverständlich. Sie lebt von Verantwortung und der Fähigkeit zum Kompromiss. Hierin liegt nun die Kunst des Möglichen, vorhandene Probleme zu lösen, und so die politischen Ränder zurückzudrängen. Demokraten sollten nicht um die Macht pokern, sie sollten um das Gemeinwohl ringen.