Wirtschaftsweise Bofinger: „17,5 Milliarden Euro für neuen griechischen Schuldenerlass“
Berlin. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger plädiert für einen zweiten Schuldenschnitt, um die Griechenland-Krise in den Griff zu bekommen.
Herr Bofinger, die Euro-Finanzminister haben eine Entscheidung für weitere Griechenland-Hilfen vertagt. Wie bewerten Sie das?
Bofinger: Ich denke, es führt nichts daran vorbei, dass Griechenland noch einen massiven Schuldenschnitt braucht. Da hilft auch nicht die Erkenntnis, dass sich das Land durch unverantwortliches Finanzgebaren selbst in seine massive Überschuldung manövriert hat.
Aber Griechenland hat bereits einen Schuldenschnitt hinter sich.
Bofinger: Der Schuldenschnitt vom Frühjahr war viel zu gering, um Griechenland deutlich zu entlasten. Damals haben sich die öffentlichen Kreditgeber nicht daran beteiligt. Aber der größte Teil der griechischen Schulden liegt jetzt nun mal bei der öffentlichen Hand.
Müssen die Steuerzahler jetzt richtig bluten?
Bofinger: Wenn man einen Schuldenschnitt von sagen wir 50 Prozent vornimmt, dann kostet das auch den deutschen Steuerzahler echtes Geld. Im konkreten Fall wären das etwa 17,5 Milliarden Euro. Allerdings darf man dabei nicht außer Acht lassen, dass der deutsche Steuerzahler durch die Krise auch massiv Geld gespart hat.
Was meinen Sie damit?
Bofinger: Die Zinsen für die öffentlichen Schulden sind krisenbedingt so niedrig wie noch nie, so dass Deutschland dadurch jährlich einen zweistelligen Milliardenbetrag spart. Das entspricht etwa dem Betrag, der einmalig für Griechenland zu zahlen wäre.
Braucht Griechenland auch ein weiteres Hilfspaket?
Bofinger: Fest steht, dass die Prognosen des Internationalen Währungsfonds für eine Gesundung der griechischen Staatsfinanzen seit Jahren viel zu optimistisch waren. Dadurch tun sich auch neue Finanzlöcher auf, die gestopft werden müssen. Griechenland braucht deshalb mehr Zeit, um seine Sparziele zu erreichen. Insofern ist ein weiteres Hilfspaket unvermeidlich.