Zahl der Operationen auf einem Rekordhoch
Oftmals sind die Eingriffe überflüssig. Was kann die Politik tun, um Gefahren zu senken?
Berlin. Grundlos operierte Patienten, Eingriffe mit zweifelhaftem Erfolg — Klagen über zu viele und enttäuschende Operationen gibt es immer wieder. Da dürften die neuen Zahlen aus Wiesbaden auch bei den Gesundheitspolitikern von Union und SPD auf Interesse stoßen: Laut Statistischem Bundesamt gab es 2012 einen neuen Rekord. 15,7 Millionen Mal kamen Patienten in den gut 2000 Kliniken unters Messer — 300 000 Mal häufiger als im Vorjahr. Was könnte eine große Koalition dagegen tun?
Nächste Woche will die Arbeitsgruppe Gesundheit beider Parteien ihre Verhandlungen beginnen. Probleme bei den Kliniken dürften nach den bisherigen Ankündigungen auf die Tagesordnung kommen. So hatte der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, der die Verhandlungen für die SPD leitet, schon im März Reformpläne vorgelegt. Denn Patienten könnten nicht sicher sein, dass Entscheidungen von Ärzten allein auf medizinischen Gründen beruhen. „Sie sind der Gefahr ausgesetzt, dass aus ökonomischen Erwägungen heraus unnötig operiert wird.“
Aber auch sein Gegenüber an der Spitze der Arbeitsgemeinschaft, der CDU-Politiker Jens Spahn, zeigte sich in der Vergangenheit problembewusst: „In Deutschland wird zu oft und zu früh operiert, etwa bei Bandscheiben-Vorfällen oder Knie-OPs.“ Im Interesse von Patienten und Beitragszahlern solle das Problem gemildert werden.
Laut Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wurden in Deutschland mit 240 Klinikaufenthalten je 1000 Einwohner zuletzt pro Jahr so viele Menschen auf Station behandelt wie in kaum einem anderen Industriestaat. Nur in Österreich waren es etwas mehr.
Was kann Abhilfe schaffen? Die OECD rät, dass die Kliniken mehr nach dem Erfolg von Behandlungen bezahlt werden sollen. Doch wann ist eine Klinik erfolgreich? Es gibt zwar jährliche Qualitätsberichte. Doch selbst Experten räumen ein, dass die Ergebnisse für eine Reform hin zur Bezahlung nach Qualität noch nicht reichen. So müsste dafür auch das weitere Schicksal der Patienten nach der Entlassung bewertet werden.
Lauterbach schlägt vor, dass Patienten immer eine zweite Meinung einholen dürfen. Und zwar sollten sie das nicht auf eigene Faust machen müssen — sondern dafür solle es spezielle Zentren mit Vertretern mehrerer Fachgruppen geben.