Zwischen Hoffen und Aufgeben

Viele Existenzen sind bereits zerstört. Andere bangen um ihr Hab und Gut.

Magdeburg/Meißen. Wo die Flut schon wieder abläuft, in Sachsen oder in Bayern, stehen viele vor den Scherben ihrer Existenz. In Magdeburg und weiter elbabwärts haben die Menschen lange gehofft, dass sie glimpflicher davonkommen.

Aber gestern wurden die Prognosen immer bedrohlicher, in Magdeburg standen ganze Stadtteile unter Wasser. „Rothensee läuft voll wie eine Badewanne“, sagte Bundeswehrsprecher Andrè Sabzog.

Die Einsatzkräfte in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt gingen bis an die Grenzen ihrer Kräfte. 700 Soldaten versuchten mit allen Mitteln, ein Umspannwerk zu retten.

Sollten sie den Kampf gegen das Wasser verlieren, hätte das verheerende Folgen: Viele der Pumpen, die pausenlos durchsickerndes Wasser zurück in die Elbe schaffen, hätten keinen Strom mehr.

Tausende Anwohner folgten nach anfänglichem Zögern dem Aufruf zur Evakuierung. Eine Familie hetzt mit drei Kindern, Koffern und einem Käfig mit Wellensittichen zu ihrem Auto. Ein älteres Ehepaar rettete noch seinen Hund in einen Transportpanzer, mit dem die Bundeswehr die Senioren in Sicherheit brachte.

Elbabwärts im niedersächsischen Hitzacker, wo der Scheitelpunkt der Elbe erst Mitte der Woche erwartet wird, bereiten sich die Menschen so gut wie möglich vor. „Ich kann das Wort „Hochwasser“ nicht mehr hören“, sagt Ronald Jatzkowski. „Ich habe schon 2002, 2003, 2006 und 2011 mitgemacht — und jetzt 2013, langsam ist genug.“

Damit Deichbrüche so früh wie möglich bemerkt werden, sind entlang der Elbe sogenannte Deichläufer unterwegs. Steffen Wenzel ist für einen Abschnitt in der Nähe der sächsischen Stadt Torgau zuständig. Stundenlang läuft er an der Elbe entlang. Wenn der Deich irgendwo zu wackeln droht, merkt er es als erster.

„Ich will meine Stadt beim Kampf gegen das Hochwasser unterstützen“, sagt der freiwillige Helfer. Wenn er irgendwo trübes Wasser sickern sieht, schlägt er Alarm. Im schlimmsten Fall müssen dann Hunderte Helfer kommen und Sandsäcke stapeln.

Im sächsischen Bad Schandau im Oberen Elbtal haben die Menschen die akute Gefahr schon hinter sich. Vor vier Tagen hatte die Elbe den Ort drei Meter tief unter Wasser gesetzt. Es war das vierte Hochwasser seit 2002 und das zweite sogenannte Jahrhunderthochwasser in elf Jahren.

Wie es jetzt weiter geht in dem Ort nahe der tschechischen Grenze weiß niemand. „Wir haben Angst, das viele weggehen“, sagt Gudrun Michael. Finanziell seien viele vermutlich am Ende. „Da ist einfach die Kraft nicht mehr da, da gehen Existenzen kaputt.“

Auch im sächsischen Meißen schrubbten die 2000 Einwohner, die sich vor dem Wasser retten mussten, am Wochenende den Schlamm von den Straßen und räumten Sandsäcke weg. An der Kirche hingen Handzettel mit den Telefonnummern der Pfarrer. „Wir sind für diejenigen da, die mal reden wollen“, heißt es dort.