Netzwerke und Nerds: Uni erforscht Frauenmangel in der Informatik
Bamberg (dpa) - Die Informatik ist eine Männerdomäne - sowohl an den Hochschulen als auch in den Unternehmen. Warum ist das so? Welche beruflichen Perspektiven kann das Fach jungen Frauen bieten? Die Uni Bamberg hat dazu ein Forschungsprojekt gestartet.
Wer Informatik studiert, muss sich kaum Sorgen um seine berufliche Zukunft machen. Doch von diesen guten Aussichten lassen sich noch immer vor allem junge Männer anlocken. Frauen an den Rechnern haben fast noch Seltenheitswert. Warum ist das so? Verhindern Männernetzwerke Karrierechancen in der Branche? Haben Frauen Bedenken, Familie und berufliche Beanspruchung unter einen Hut bringen zu können? Traut die Branche Frauen weniger zu? Auf diese Fragen erhofft sich die Uni Bamberg Antworten.
Es gebe viele Spekulationen zu dem Thema, sagt die Professorin Ute Schmid. „Was bisher fehlt, ist eine Langzeitstudie, die die Karrierevorstellungen und Karriereverläufe von Frauen und Männern, die Informatik studieren und studiert haben, vergleicht.“ Das will die Uni Bamberg nun leisten - in dem Projekt „Alumnae Tracking“. In einer ersten Befragungswelle wurden 900 Fragebögen an Absolventen verschickt.
Der Anteil der Studentinnen in der Informatik liegt in Deutschland bei etwa 20 Prozent, wie Cornelia Winter von der Gesellschaft für Informatik sagt. „Er steigt - zwar sehr langsam, aber immerhin.“ Vor einigen Jahren waren nur 14 Prozent der Studenten weiblich.
Simone Schineller gehört zu dieser Minderheit. Sie studiert in Bamberg angewandte Informatik. Dass es nur wenige Kommilitoninnen in der Informatik gibt, fand sie nicht weiter schlimm - in den Seminaren und Arbeitsgruppen sei sie stets akzeptiert worden. „Ich habe die Studienwahl zu keiner Zeit bereut.“ Bald wird sie ihr Studium beenden. Ein paar Befürchtungen hege sie aber schon. Möglicherweise trauten ihr Arbeitgeber weniger zu als einem männlichen Bewerber. Doch ihre Professorin kann sie beruhigen: „Gerade die größeren Firmen reißen sich um Frauen.“ Viele Unternehmen hätten bereits eigene Programme zur Karriereförderung von Frauen aufgelegt.
„Frech gesagt: Wir sind ein anstrengender Studiengang“, sagt Schmid. Mathekenntnisse sind wichtig, ohne Englisch geht auch nichts. Informatik-Studiengänge sind hart. Doch Schmid glaubt nicht, dass diese Anforderungen die Abiturientinnen abschrecken.
Workshops und Projekte sollen die Berührungsängste abbauen. Schmid selbst engagiert sich stark bei der Werbung um die Studentinnen von morgen. „Viele Mädchen sagen: Wir wussten gar nicht, dass das so viel Spaß macht.“ Die Neugierde müsse geweckt werden: Dass Schüler lernen, mit PC-Anwendungen umzugehen, sei wichtig. Doch dann müsste es eigentlich weitergehen: „Wie kommt die Mail auf meinen Rechner? Wie werden Informationen auf meinem Rechner gespeichert?“
Dass mehr Mädchen Informatik studieren, ist der erste Schritt. Doch können Informatikerinnen genauso Karriere machen wie ihre männlichen Kollegen? Von der Studie erhofft sich Schmid darüber Aufschluss. Unter anderem werden dabei Vergleichspaare von je einem männlichen Absolventen und einer Absolventin gebildet, die sich in Aspekten wie Abschlussnote, Praktika und Jahrgang möglichst ähnlich sind. Es soll beobachtet werden, wie unterschiedlich sich die beruflichen Laufbahnen entwickeln.
Untersucht werden sollen auch die Erwartungen an das Berufsleben - möglicherweise hätten Frauen kein Interesse an 70-Stunden-Wochen und langen Dienstreisen.
International gebe es schon beachtliche Karrieren von Frauen, sagt Schmid. In Deutschland dagegen sei die Branche noch sehr männlich geprägt. Dass es am Image liegt - Informatiker gelten für viele als Nerds, die sich mehrere Tage lang einschließen und programmieren - glaubt Schmid nicht. Längst nicht jeder Informatiker arbeite so. Und das sei schließlich auch kein negatives Image. „Es drückt auch eine Begeisterung für das Fach aus.“
Die Professorin selbst kam in den 1980er-Jahren „eher durch Zufall“ zur Informatik. Sie hat Psychologie studiert, dann an der Uni einen Programmierkurs gemacht. „Das war die Initialzündung. Ich habe gemerkt, dass Informatik das Studium ist, das mich begeistert.“