Belastung im Studium Prüfungsangst: Wieso man sie hat und wie man sie überwindet
Leipzig/Osnabrück · Stress, Panikattacken, Blackouts: Viele Studierende kämpfen mit der Angst vor Prüfungen. Frühzeitige Vorbereitung und Hilfeangebote können verhindern, dass die Prüfungsangst außer Kontrolle gerät.
Die meisten Menschen empfinden Prüfungen als belastend, da sie oft mit Stress und Leistungsdruck verbunden sind. Trotz dieser Herausforderungen schaffen es einige Studierende, Prüfungen ohne Probleme zu meistern. Für andere wird jede Prüfung zur Hürde - nicht wegen des Wissens, das abgefragt wird, sondern wegen der Angst vor der Situation selbst. Doch die gute Nachricht ist: Prüfungsangst lässt sich überwinden, und es gibt zahlreiche Unterstützungsangebote, damit man sie nicht allein bewältigen muss.
Wichtig: Nervosität vor einer Prüfung ist nicht gleichbedeutend mit Prüfungsangst. Eine gewisse Anspannung kann laut der psychologischen Psychotherapeutin Diana Kunitz sogar förderlich sein, da sie die Konzentration steigern kann: „Von Prüfungsangst spricht man erst, wenn diese Anspannung das Leben oder Studium erheblich beeinträchtigt.“ Dies kann der Fall sein, wenn man Prüfungen immer wieder verschiebt oder deutlich stärker unter ihnen leidet als normalerweise üblich.
Laut der Psychologin und Leiterin der psychosozialen Beratungsstelle des Studentenwerks Osnabrück Kerime Faris-Lewe ist es für Betroffene wichtig, sich bereits zu Beginn des Studiums mit dem Thema Prüfungsangst auseinanderzusetzen. Schwierig ist nämlich: wenn man erst einen Tag vor der Prüfung damit beginnt, etwas dagegen zu tun. Besser: frühzeitig nach Hilfsangeboten beim Studierendenwerk suchen, um präventiv entgegenzuwirken.
Warum haben Menschen Prüfungsangst?
Prüfungsangst kann viele verschiedene Ursachen haben. Eine häufige Ursache sind negative Erfahrungen, wie das Durchfallen bei Prüfungen oder unangenehme Begegnungen mit Prüfern oder Prüferinnen, die abwertend waren oder besonders schwierige Prüfungen gestaltet haben. „Manchmal kann auch ein geringes Selbstwertgefühl der Grund sein, also dass man von sich selber ausgeht, dass man zu dumm sei und man solche Herausforderungen ohnehin nicht schaffen kann“, so Diana Kunitz.
Ebenso kann fehlende oder falsche Vorbereitung auf Prüfungen eine Rolle spielen. Besonders der Übergang von der Schule zum Studium kann schwierig sein, wenn plötzlich viel mehr Lernstoff bewältigt werden muss. Und wenn Unsicherheit darüber besteht, wie man sich während Prüfungsphasen strukturieren soll und sich effektiv vorbereitet.
Welche Symptome sind typisch für Prüfungsangst?
Auch das kann laut Diana Kunitz von Person zu Person sehr verschieden sein und die Ausprägung der Angst kann stark variieren. Bei einigen Menschen zeigt sie sich nur durch leichte Konzentrationsstörungen, Gereiztheit oder allgemeines Unwohlsein.
Andere erleben intensivere Symptome wie Panikattacken. Die können sich in typischen Angstsymptomen wie Unruhe, starkem Herzklopfen, übermäßigem Schwitzen und Magen-Darm-Beschwerden äußern. „Im Extremfall kann es zum Erbrechen und intensiven Angstgedanken kommen, bis hin zu dem Blackout, der natürlich auch passieren kann, wenn die Angst besonders groß ist“, sagt Kunitz.
Wie kann man langfristig seine Prüfungsangst bewältigen?
Um Prüfungsangst nachhaltig in den Griff zu bekommen, ist es wichtig, die Ursache der Angst zu verstehen. Wenn man lediglich Schwierigkeiten hat, den Lernstoff zu strukturieren und sich effektiv vorzubereiten, kann es sehr hilfreich sein, die Studienberatung aufzusuchen, wo passende Lernmethoden vermittelt werden.
Ein frühzeitiger und systematischer Lernansatz ist dabei besonders wichtig, sagt Kerime Faris-Lewe. Dazu gehören das regelmäßige Überprüfen des eigenen Lernfortschritts, das Lösen von Übungsaufgaben und das aktive Wiederholen der Inhalte. Auch Lerngruppen können eine große Unterstützung sein, da man sich gemeinsam den Stoff erarbeitet und sich nicht allein fühlt.
Wichtig sei zudem, eine gute Balance zwischen Lernzeiten, Pausen und Freizeit zu finden, um nicht in einen Lerntunnel zu geraten. Faris-Lewe rät, ein guter Trainer für sich selbst zu sein: „Das heißt nicht, dass man jetzt Anstrengung vermeidet, aber dass man sich vor allem auf das fokussiert, was man gut kann und wo man seine Stärken hat.“
Während den Lernphasen sollte man außerdem regelmäßig für Entspannung sorgen. Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen sowie entspannende Aktivitäten in den Alltag zu integrieren, kann laut Diana Kunitz dabei helfen. Techniken wie progressive Muskelentspannung (PMR), Yoga oder Meditation können ebenfalls sehr nützlich sein.
Wenn tiefere Probleme wie geringes Selbstwertgefühl oder starke Versagensängste vorliegen, reichen gute Lernmethoden oft nicht aus. In solchen Fällen kann eine Psychotherapie sinnvoll sein, um grundlegende Ängste zu bearbeiten und langfristig einen gesunden Umgang mit Prüfungsstress zu entwickeln, so Kunitz.
Was hilft kurz oder während der Prüfung?
Vor und während der Prüfung gibt es einige Methoden, die helfen können, den Stress zu reduzieren. Diana Kunitz empfiehlt unter anderem die tiefe Bauchatmung (dabei atmet man gezielt in den Bauch ein- und langsam wieder aus) sowie die sogenannte Lippenbremse (tief durch die Nase einatmen, durch die locker aufeinanderliegenden Lippen langsam ausatmen). Auch das bewusste Wahrnehmen der Umgebung, etwa das Beschreiben von Farben oder Objekten, kann helfen, belastende Gedanken zu vertreiben.
Auch Kerime Faris-Lewe rät dazu, bereits vor der Prüfung Entspannungsmethoden zu lernen und anzuwenden. Auf der kognitiven Ebene sollten Katastrophengedanken hinterfragt und durch realistische Selbstinstruktionen ersetzt werden. Also zum Beispiel: „Ich nutze die Möglichkeit, mein Wissen einzubringen“ oder „Ich habe mehr gelernt, als ich in einer kurzen Zeit einbringen kann“.
Zusätzlich kann die mentale Visualisierung einer erfolgreichen Prüfungssituation helfen. In der Beratungsstelle spielen Studierende den gesamten Prüfungsprozess gedanklich durch und können sich auch auf mögliche Schwierigkeiten vorbereiten. Diese Technik hilft, sich mental auf die Prüfung einzustellen und sich für verschiedene Situationen zu wappnen.
Welche Hilfsangebote gibt es noch für Studierende?
Bereits im Vorfeld einer Prüfung kann es laut Kerime Faris-Lewe hilfreich sein, das Gespräch mit den Dozierenden zu suchen, insbesondere vor mündlichen Prüfungen. Ein Sprechstundentermin kann genutzt werden, um den Ablauf der Prüfung und mögliche Schwerpunkte zu klären.
Zudem bieten viele Hochschulen inzwischen Workshops und Selbstlernkurse an, die sich mit dem Thema Prüfungsangst befassen. Auch die psychosozialen Beratungsstellen der Studierendenwerke haben ein umfassendes Angebot: Neben Prüfungscoaching und Gruppen, in denen Studierende auf Gleichgesinnte treffen, gibt es spezielle Kurse zur Bewältigung von Prüfungsangst.
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