Rentner: Neue Herausforderung im Alter
Egal wie alt — Au-pair, Student und Berater kann jeder werden. Spezielle Organisationen geben Tipps.
Düsseldorf. Das klingt nach Abenteuer: Ein Jahr lang in Ägypten in einer Familie leben, drei Monate lang in einem Waisenhaus in Vietnam anpacken, in Jerusalem ein Café managen. Gesucht: Frauen über 50. Die Agentur „Granny Aupair“ in Hamburg macht solche Auslandsaufenthalte möglich. Sie vermittelt Seniorinnen in Familien als Au-pair, aber auch in ehrenamtliche Jobs bei sozialen Initiativen.
Die Idee von Michaela Hansen boomt und zeigt: Viele Senioren sind aktiv und suchen Herausforderungen. Angebote gibt es in Unmengen, von Ehrenämtern, Seniorenstudiengängen bis hin zu Beratungstätigkeiten in Firmen. Eines ist dabei sicher: „Aktivität ist der beste Garant für ein gesundes und zufriedenes Altwerden“, sagt Ursula Lenz von der Bundesarbeitsgemeinschaft Senioren-Organisationen (Bagso) in Bonn.
Anlaufstelle sind die Initiativen und Vereine selbst. Wer noch auf der Suche nach dem passenden Amt ist, kann sich an eine der Freiwilligen-Agenturen in den größeren Städten wenden, die bei der Suche unterstützen. Auf der Website der Bagso (im Internet: bagso.de) findet man auch eine Datenbank mit Angeboten. Wer ein Amt mit Verantwortung anstrebt — etwa als Kassierer — kann sich nötige Kenntnisse über ein Seminar an der „Akademie für Ehrenamtlichkeit“ in Berlin (ehrenamt.de) aneignen.
Eine besondere Art des Ehrenamts ist das Engagement für den Senior-Experten-Service (SES, ses-bonn.de). Die Initiative der „Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit“ vermittelt Ruheständler in Entwicklungs- und Schwellenländer. Sie sollen dabei helfen, Arbeitsabläufe zu verbessern und Mitarbeiter zu qualifizieren. Gesucht sind fast alle Berufssparten, vom Handwerker und Berufsschullehrer über den Facharzt, Manager und Koch bis hin zum Tourismusexperten. „Hilfe zur Selbsthilfe“ lautet das Motto. Boileranlagen in Äthiopien aufstellen, Solartechnik in Kenia einführen oder neue Brotsorten in Vietnam backen, heißen dann die Freizeitbeschäftigungen.
„Viele holen etwas nach, was sie in ihrer Jugend versäumt haben“, sagt Michaela Hansen von „Granny-Aupair“ über die Motivation der Bewerberinnen. Seit 2010 gibt es die Initiative, bisher hat Hansen 500 Frauen in ihrer Kartei. Wie der Aufenthalt in der Gastfamilie — man kann auch innerhalb Deutschlands vermittelt werden — gestaltet wird, sprechen Familie und Granny individuell ab. Die Agentur vermittelt nur den Kontakt. „Offen, mutig, tolerant und flexibel“ sollten die Frauen sein, sagt Hansen. 250 Euro kostet eine erfolgreiche Vermittlung. Auch als Gesellschafterinnen für Alleinstehende oder Haushüterin sind die Grannys inzwischen gefragt. Zusätzlich fällt eine einmalige Anmeldegebühr von 35 Euro an.
Statt ins Ehrenamt zieht es viele Senioren auch in die Universitäten. Laut Statistischem Bundesamt besuchen pro Semester fast 20 000 Senioren über 55 Jahre als Gasthörer die Hochschulen. Fast alle Unis bieten spezielle Seniorenstudiengänge an mit ausgewählten Veranstaltungen, aber ohne Examen. Man kann sich auch einfach als Gasthörer in seinem Interessengebiet weiterbilden. Ein Abitur benötigt man dafür nicht. Jedoch ist meist eine Gebühr zu entrichten, je nach Uni zwischen 100 und 300 Euro pro Semester.