Unterwegs für die Firma - Freizeit oder Arbeitszeit?
Überlingen/Hamburg (dpa/tmn) - Dienst ist Dienst, Reise ist Reise: Wer geschäftlich mit Bahn oder Auto unterwegs ist, verbringt dabei nicht automatisch Arbeitszeit. Wann die Reise zur Arbeit wird, ist juristisch oft knifflig.
Mit Bahn, Bus oder Auto zum Kunden um die Ecke oder für einen Vortrag um die halbe Welt: Nicht nur Lkw-Fahrer und Piloten kommen im Berufsleben viel herum. Für sehr viele Beschäftigte gehören Dienstreisen zum Arbeitsalltag. Doch zählen die Stunden unterwegs auch zur Arbeitszeit? Und wann werden sie bezahlt?
Wenn ich morgens ins Büro fahre - ist das bereits Arbeitszeit?
Nein, das gilt klar als Freizeit. Auf dem Weg zur Arbeitsstätte und zurück steht der Beschäftigte dem Chef nämlich nicht zur Verfügung. „Die Arbeitszeit beginnt am Betriebstor. Das Anfahren zum Büro ist privat“, sagt der Arbeitsrechtler Norbert Behm aus Überlingen am Bodensee.
Werden Dienstreisen auf die Arbeitszeit angerechnet?
Das kommt darauf an. Nach dem Arbeitszeitgesetz dürfen Beschäftigte aus Gesundheits- und Sicherheitsgründen im Schnitt nicht mehr als acht Stunden am Tag arbeiten. Reine Wegezeiten von Dienstreisen im Zug oder Flugzeug werden dabei aber nicht angerechnet - außer der Chef gibt einem Arbeit mit auf die Reise: Wenn der Beschäftigte in öffentlichen Verkehrsmitteln Akten sichten und Vorträge vorbereiten muss, geht das nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auf das Arbeitszeitkonto. Dasselbe gilt, wenn der Reisende selbst ein Auto zum Termin lenken muss - denn hinter dem Steuer bleibt ihm nicht überlassen, wie er die Zeit nutzt. „Aber wenn es mir freigestellt bleibt, ob ich Zeitung lese oder etwas vorbereite, gilt das als Ruhezeit“, sagt der Hamburger Anwalt Sebastian Trabhardt.
Und wann wird die Reisezeit bezahlt?
Das ist juristisch umstritten. Eine explizite gesetzliche Regelung zur Vergütung fehlt. Generell gilt: Falls nicht anders vertraglich vereinbart, müssen Reise- und Wegezeiten vergütet werden, solange sie in die reguläre Arbeitszeit fallen, ganz gleich, was der Arbeitnehmer auf dem Weg treibt und ob er im Auto oder in der Bahn sitzt. Liegt die Dienstreise außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit, zum Beispiel in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden, kommt es auf den Einzelfall an. Da spielt dann unter Umständen auch die berufliche Position eine Rolle: Je höher das Gehalt, desto eher entfällt für gewöhnlich die Vergütungspflicht.
Gilt das auch für Außendienstmitarbeiter?
Gehört das Reisen zur Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers, zählt es als Arbeitszeit. Das betrifft zum Beispiel Lkw- und Taxifahrer. Auch bei Handelsvertretern und Außendienstlern gehört das Reisen zum Job dazu und ist eine wesentliche arbeitsvertragliche Leistung.
Auf was muss ich als Arbeitnehmer denn achten?
Die Rechtsprechung ist in diesem Bereich nicht einheitlich. Abweichungen in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen sind möglich. Arbeitnehmer sollten deshalb am besten vor der Reise den Umgang mit Arbeitszeiten und Dienstreisen klären. „Und wer viel Dienstreisen im Job machen muss, sollte auf klare Regeln im Arbeitsvertrag achten“, rät Anwalt Trabhardt.