Von den Männern lernen? Frauen-Karriereseminare in Firmen
Mannheim (dpa) - Schluss mit zaghaft und nett: In Karriereseminaren sollen Frauen lernen, mit mehr Selbstvertrauen und Eigenlob den Weg nach oben zu schaffen. Der Schlüssel ist ein gutes Selbstmarketing, glauben Experten.
Doch nicht nur die Frauen müssen umdenken.
An der Spitze wird es für Frauen in vielen Unternehmen einsam. Den Weg dorthin schaffen noch immer nicht alle, die das Zeug dazu hätten. In Karriereseminaren speziell für Frauen arbeiten Mitarbeiterinnen an ihrem Auftreten und ihrer inneren Haltung, um überhaupt als potenzielle Führungskraft wahrgenommen zu werden: Wie präsentiere ich mich? Was tun gegen Widerstände? Wie trete ich in einem männerdominierten Umfeld auf? Und vor allem: Was machen Männer anders?
Unternehmen böten eine immer breitere Angebotspalette an Programmen speziell für Frauen, sagt die Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP), Katharina Heuer. „Die ganze Diskussion um die Frauenquote und die Selbstverpflichtung von Unternehmen hat das Thema noch einmal neu befeuert.“ Die Seminare könnten Frauen helfen, inmitten von Männern die eigene Rolle zu finden. „Die Seminare sollen nicht dazu führen, dass sich Frauen wie Männer verhalten. Wenn es darum geht, ein Klon zu werden, können weder Frauen noch Männer Erfolg haben.“
Auch der Mannheimer Industriedienstleister Bilfinger, lange vor allem ein Baukonzern, ist bislang fast ausschließlich in der Hand männlicher Entscheider. Seit anderthalb Jahren gibt es hier Karriereseminare speziell für Frauen. „Bei Bilfinger sind 93 Prozent der Führungspositionen mit Männern besetzt. In Besprechungen sitzen meist nur wenige Frauen - dieses Gefühl, in der Minderheit zu sein, kennen die Männer gar nicht“, sagt Heike Schönmann, die bei Bilfinger zusammen mit einer externen Trainerin die Seminare leitet.
Nicht jedem Chef erschließt sich der Sinn von Karriereseminaren speziell für Frauen - und auch manche Experten sind skeptisch. „Es hat natürlich schnell etwas von Stigmatisierung“, sagt ZEW-Arbeitsmarktkennerin Melanie Arntz. „Nach dem Motto: Seht her, die Frauen brauchen eine Extraförderung.“ Sie halte es für sinnvoller, Karriereseminare für beide Geschlechter anzubieten, Frauen aber besonders zu motivieren, daran teilzunehmen. „Es darf nicht das Stigma bleiben, dass Frauen nur wegen einer speziellen Förderung an eine Stelle gekommen sind.“
Auch Trainerin Schönmann musste männliche Kritiker überzeugen. Anfangs sei sie von einigen Männern belächelt worden, erzählt sie. „Es gab schon Widerstände und auch Ängste von Führungskräften: Was bereden die jetzt dort ohne mich, ist das eine Verschwörung?“ Die Seminare kommen nicht von ungefähr: 2020 soll der Frauenanteil unter den Führungskräften bei Bilfinger bei 15 bis 20 Prozent liegen, so das erklärte Ziel des Unternehmenschefs und ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten, Roland Koch.
Bei manchen Männern wecken Karriere-Seminare für Frauen die Angst, von ihnen überholt zu werden. Nicht ganz grundlos: „Wenn man sagt: Wir wollen mehr Frauen in Führungspositionen, heißt das natürlich auch automatisch: Wir wollen weniger Männer.“ Schönmann hält es für sinnvoll, dass die Frauen in diesen Seminaren unter sich bleiben: „Frauen können in einem reinen Frauenseminar viel offener reden. Das tun sie nicht, wenn ein Mann dabeisitzt.“
Aus Sicht der Trainerin können Frauen gezielt an ihrer Karriere arbeiten - und sollten das auch tun. „Viele Männer sind sehr karriereorientiert und setzen sich Ziele. Frauen lassen es oft auf sich zukommen“, sagt sie. Wichtig seien ein gutes Selbstmarketing und die Bereitschaft, sich zu loben - ohne das als arrogant zu empfinden. „Frauen haben die Erwartung: Wenn ich sehr gut bin, wird der Chef mich schon sehen und befördern. Das ist leider nicht automatisch so.“
Ohne eine Unternehmenskultur, die Aufstiegschancen für Mitarbeiterinnen auch strukturell ermöglicht, nützen Karriereseminare für Frauen allerdings wenig, da sind sich die Experten einig. „Wir müssen die Frauen, die wir haben, halten und entwickeln“, sagt Schönmann. „Unternehmen müssen aber nicht nur die Frauen fördern, sondern auch die Rahmenbedingungen ändern.“
Auch eine Sprecherin des Software-Konzerns SAP, der ebenfalls Karriere-Seminare speziell für Frauen anbietet, betont: „Programme und Initiativen zur Förderung von Frauen allein reichen nicht aus. Vielmehr müssen wir darauf hinarbeiten, die Einstellungen und Gewohnheiten zu ändern, die den Wandel mitunter behindern.“