Wie werde ich...? Fahrlehrer
Heidelberg (dpa/tmn) — Herzklopfen und Schweißausbrüche: Das erste Mal mit dem Auto im Straßenverkehr unterwegs zu sein, lässt keinen kalt. Wer Fahrlehrer werden möchte, braucht deshalb viel mehr als Interesse für Autos.
Gefragt ist vor allem pädagogisches Geschick.
Langsam kommt der Bordstein näher. Der Sensor im Auto piept immer schneller. Eben noch hat Fahrlehrer Jörg Barking geradeaus geschaut. Nun blickt er seine Fahrschülerin von der Seite an. Sie tritt schließlich auf die Bremse und verdreht die Augen. „Kann man diese Prüfung bestehen? Also mir kommt es unmöglich vor!“, ruft sie. Fahrlehrer Barking lacht. „In diesem Jahr haben es schon einige geschafft.“
Jörg Barking ist einer von rund 20 000 aktiven Fahrlehrern in Deutschland. Wer den Job machen will, habe viel Verantwortung, sagt Gerhard von Bressensdorf, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF). Die Fachkräfte müssen ihre Schüler solide ausbilden, damit sie sich und andere im Straßenverkehr nicht gefährden. Neben Geduld und guten Nerven sollten sie das Fahren vorbildlich beherrschen. Führerscheine für Auto, Motorrad und Lkw sind ebenso Voraussetzung wie eine abgeschlossene Berufsausbildung oder das Abitur sowie ein Mindestalter von 22 Jahren.
Insgesamt ein Jahr lang dauert die Ausbildung zum Fahrlehrer für Pkw mit Anhänger. Die ersten fünf Monate verbringen angehende Fachkräfte in einer der rund 70 staatlich anerkannten Ausbildungsstätten. In der Grundausbildung geht es zunächst um das theoretische Basiswissen. „Dazu gehört Verkehrsverhalten und Verkehrspädagogik, sowie Umweltschutz, allgemeines Recht und Fahrzeugtechnik“, sagt Günther Thieme, Geschäftsführer des Fahrlehrerzentrums Ingolstadt. Außerdem hätten die Schüler in den ersten Monaten eine fahrpraktische Ausbildung, damit sie das Fahrzeug in jeder Situation sicher beherrschen.
Nach einer mündlichen und schriftlichen Prüfung folge das Praktikum in einer Ausbildungsfahrschule. „Während dieser Zeit fahren die Fahrlehreranwärter zunächst nur bei Fahrstunden mit“, erklärt Thieme. Wer dann erfolgreich mit einer theoretischen und einer praktischen Lehrprobe abschließe, dürfe Fahrstunden für Pkw mit und ohne Anhänger geben. Insgesamt koste die Ausbildung etwa 8000 Euro. Dazu kommen unter Umständen Kosten für die Fahrlehrer-Ausbildung für Lkw, Motorrad und Bus. Für die Ausbildung können die Teilnehmer allerdings Meister-Bafög beantragen.
Nach der Ausbildung sind die finanziellen Aussichten nicht gerade rosig. Der Markt für Fahrlehrer ist angespannt, sagt von Bressensdorf. Vor allem in den neuen Bundesländern sieht es schlecht aus: Die Zahl der Fahrschüler habe sich dort in den vergangenen 20 Jahren fast halbiert. Ein bundesweites Problem sei, dass viele ehemalige Fahrlehrer der Bundeswehr sich nach ihrem Ausscheiden als Fahrlehrer auf dem zivilen Markt versuchen. Dadurch entstehe ein Überangebot.
Auch Fahrlehrer Barking merkt das. Allein in Heidelberg gebe es 25 Fahrschulen. „Der Wettbewerb drückt dann natürlich die Preise“, sagt er. Von seinen Einnahmen muss er Benzin, die Kosten für die Fahrzeuge und die Miete der Unterrichtsräume begleichen. Angestellte hat er schon länger keine mehr, und in den Urlaub ist er seit Jahren nicht gefahren. Anderen geht es noch schlechter: Laut einer Erhebung des BVF können etwa 20 Prozent der Fahrschulinhaber ihren Lebensunterhalt nicht mehr durch die Tätigkeit in der Fahrschule sichern. „In ein paar Jahren könnte der Markt sich aber wieder verändern“, glaubt von Bressensdorf. Der Altersdurchschnitt der Fahrlehrer sei sehr hoch - und es strömen wenige nach.
Neben der Arbeit in der Fahrschule gibt es weitere Betätigungsfelder. „Auch die Polizei beispielsweise benötigt Fahrlehrer“, erklärt Thieme. Außerdem können sie in der Industrie tätig sein, beispielsweise als Testfahrer bei Automobilherstellern oder als Ausbilder für Gabelstaplerkurse. Auch in Speditionen werden Fahrlehrer als Ausbilder für Lkw-Fahrer gebraucht. Schließlich können die Fachkräfte sich zum Sicherheitsinstruktor weiterbilden lassen und dann Fahrsicherheitstrainings anbieten.
Fahrlehrer Barking mag seinen Beruf. Viel Anerkennung erfahre er für seinen Job zwar nicht. Aber es gefällt ihm, wenn die Fahrschüler seine Ratschläge annehmen und umsetzen und sich schließlich sicher im Straßenverkehr bewegen. Besonders schön sei es, wenn jemand die Prüfung meistere, der lange Zeit Probleme mit dem Fahren hatte. „Dann sieht man, dass die Arbeit Früchte trägt“, erzählt Barking.
Auch in der Fahrstunde mit der aufgeregten Schülerin hat es mit dem Einparken schließlich geklappt. Auf dem Weg zurück zur Fahrschule rollt das Auto langsam durch die schmale Einfahrt und kommt schließlich sicher vor Barkings Schaufenster zum stehen. „Geschafft“, sagt die junge Frau und dreht den Zündschlüssel um.