Bundesgericht macht Weg für Versand-Apotheken frei

Drogerieketten, Post und Rewe dürfen Medikamente verkaufen. Für herkömmliche Apotheken wird es eng.

Düsseldorf. Die Branche steht vor einem epochalen Umbruch: Nachdem gestern das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig grünes Licht für den Versandhandel mit Medikamenten in Drogerie-Ketten gegeben hat, steht dem Einstieg großer Einzelhandels-Konzerne ins Medizin-Geschäft nichts mehr im Weg.

Mit dem Leipziger Urteil siegte die Drogeriekette dm im Rechtsstreit mit der Stadt Düsseldorf. Der bundesweit zweitgrößte Drogeriemarktbetreiber bietet in Nordrhein-Westfalen seit 2007 in ausgewählten Filialen einen Bestell- und Abholservice in Kooperation mit einer Versandhandelsapotheke an. Düsseldorf hatte der Kette aber den Vertrieb untersagt. Nach Auffassung der Kommune handelt es sich um eine unzulässige Vermischung von Drogerie und Apotheke, bei der die Beratung auf der Strecke bleibt. Die Richter hingegen kamen zu dem Schluss, dass der Vertrieb der Medikamente nicht gegen das Arzneimittel- oder das Apothekenrecht verstößt (Az.: BVerwG 3 C).

Noch in diesem Jahr wird der Europäische Gerichtshof den Apothekenmarkt vermutlich vollständig liberalisieren. So soll das Fremdbesitzverbot kippen, das Apothekern in Deutschland untersagt, mehr als drei Filialen zu eröffnen. Rewe will dann einen eigenen Handel mit rezeptpflichtiger Medizin aufbauen. Möglich seien der Einstieg ins Onlinegeschäft, Apotheken unter eigener Marke oder der Verkauf in Supermärkten.

Für die Post begann gestern das medizinische Zeitalter: Als sechsmonatiges Pilotprojekt bietet das Unternehmen in Zusammenarbeit mit der easyApotheke und dem Logistikdienstleister DHL einen eigenen Versandhandel in Hannover, Hildesheim und Stuttgart an. Später sollen die Angebote ausgeweitet werden. Die Drogeriemarktkette Schlecker hatte bereits vor zwei Wochen mit dem Versandhandel begonnen.

Kritiker der Liberalisierung befürchten, dass viele unabhängige Apotheken nun vor dem Aus stehen. "Wenn Versand-Apotheken nur mit Billigpreisen werben, unterschlagen sie Kategorien wie Beratung, Lieferung und Service", heißt es bei der Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände.