Erbschaftssteuer: Schnell das Haus verschenken?

Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts raten Experten: Vor dem Steuersparen steht sorgfältiges Abwägen.

<strong>München/Berlin. Das Haus vererben oder es lieber zu Lebzeiten an die Kinder übertragen - diese Entscheidung ist auch nach dem jüngsten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftssteuer nicht einfacher geworden. Keinesfalls sollten Immobilien vorschnell an mögliche Erben verschenkt werden. "Zunächst haben wir ja eine Frist bis Ende 2008, man kann jetzt in Ruhe planen", sagt Klaus Michael Groll, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht in München.

Die Bevorzugung von Immobilien ist auch künftig möglich

Nach dem gestern veröffentlichten Beschluss (Az.: 1 BvL 10/02) ist die gegenwärtige Erbschaftssteuer, die faktisch Immobilien gegenüber Barvermögen begünstigt, verfassungswidrig. Das bezieht sich jedoch nur auf das Verfahren der Wertermittlung. Grundsätzlich sei die Lage jetzt genauso unklar wie zuvor, kritisiert Groll: "Das Problem wurde nur verschoben." Zwar schreibe das Gericht vor, dass Immobilien künftig nach ihrem Verkehrswert berechnet werden und dabei nicht mehr gegenüber anderen Vermögenswerten bevorzugt werden dürfen. Das Gericht habe dem Gesetzgeber aber die Möglichkeit eröffnet, Immobilienvermögen in einer zweiten Stufe zu privilegieren, etwa durch eine so genannte Verschonungsbestimmung wie einen erhöhten Freibetrag.

Tilman Götte, Präsident der Bundesnotarkammer, warnt bereits: "Wer Sicherheit über die steuerliche Belastung seiner Vermögensübertragung haben will, der sollte bis zu einer Entscheidung des Gesetzgebers handeln." Inwieweit der Gesetzgeber eine Privilegierung von Immobilien und Betriebsvermögen vorsehen werde, sei offen.

Nicht nur um die Vorsorge, auch ums Gefühl gehe es dabei. "Ich muss mit dem Gedanken klar kommen: Das Haus, in dem ich wohne, der Baum im Garten - sie gehören nicht mehr mir." Außerdem bestehe die Gefahr der Demotivation der Kinder. "Die Intensität der Zuwendung kann abnehmen", formuliert Groll diplomatisch. "Und so mancher hat schon das Studium geschmissen, als das Mietshaus übertragen war."

Immobilien: Nach Zahlen der Universität Mannheim machen Immobilien in Deutschland knapp 30 Prozent der Nachlässe aus, bei Schenkungen sind es sogar 40 Prozent. Häuser und Grundstücke im Wert von mehr als 5,5 Milliarden wechselten demnach allein 2002 - neuere Zahlen gibt es noch nicht - per Testament den Besitzer. Mehr als 1,9 Milliarden Euro sind die Schenkungen wert.