Blühendes Gift: Risiko-Pflanzen für Kinder
Bonn/Mainz (dpa/tmn) - Der Feind ist klein, rot und giftig: Täglich finden Giftnotrufe in Sekunden die richtigen Gegenmaßnahmen, wenn Kinder gefährliche Beeren schlucken. Aber auch ein Erwachsener weiß manchmal nicht, von welchen Pflanzen er die Finger lassen sollte.
Trotzdem, Vergiftungen durch Pflanzen sind vor allem für Kinder ein Risiko. Carola Seidel, stellvertretende Leiterin der Giftnotrufzentrale Bonn, wundert das nicht: „Der Mund ist das sensibelste Sinnesorgen. Was liegt also näher, als in der oralen Phase von neun Monaten bis drei Jahren die Zimmerpflanzen zu probieren?“ sagte die Ärztin. Selbst harmlos wirkende Pflanzen wie Tulpen, Narzissen oder Krokusse könnten zu Vergiftungen führen. Entsprechend geht es bei 83 Prozent der fast 4000 jährlichen Anrufe wegen Vergiftungen durch Pflanzen beim Bonner Giftnotruf um Kinder.
Auch im Giftinformationszentrum an der Uniklinik Mainz gehören vor allem Kinder zu den Patienten von Sacha Weilemann und seinem Team. Der Medizinprofessor und Leiter der Zentrale sieht den kommenden Frühlingstagen daher mit gemischten Gefühlen entgegen. „Wenn es warm wird, reifen die Beeren und das schlägt sich natürlich in unseren Anrufzahlen nieder“, sagt er. Tollkirsche, Maiglöckchen und Eibe sehen harmlos aus, führen aber zu Herz-Kreislauf-Problemen, Erbrechen und Fieber. Der Giftnotruf ist dann die schnelle Hilfe für besorgte Eltern. Und nicht nur für die. „Ich kenne leider auch ältere Damen, die sich etwas Gutes tun wollten und an einem Eiben-Tee gestorben sind“, berichtet Weilemann.
Carola Seidel findet es zwar erstaunlich, dass sich so viele Erwachsene Vergiftungen durch Pflanzen zuziehen. Die passende Erklärung kann sie aber gleich mitliefern: Die Vergiftung geschehe oft durch Verwechslungen von harmlosen Pflanzen mit giftigen. Gerade im April und Mai wird gerne Bärlauch gesammelt. Dieser ähnelt einerseits dem giftigen Maiglöckchen und wird andererseits auch mit der als sehr giftig eingestuften Herbstzeitlosen verwechselt.
„Viele Pflanzen werden aber zu Unrecht verteufelt, wie beispielsweise die Eibe oder der Kirschlorbeer“, sagte die Expertin. Da müsse sehr gründlich draufherumgekaut werden, damit die Giftstoffe freigesetzt werden, und das könne ein kleines Kind meist gar nicht, erklärte Seidel.
Sie rät Eltern, sich grundsätzlich darüber zu informieren, was bei ihnen im Garten steht. „Wenn Eltern anrufen und sagen: Mein Kind hat die roten Beeren gegessen, die gerade überall wachsen, können wir die Gefahr schlecht einordnen“, sagte Seidel. Es sei außerdem sinnvoll in Erfahrung zu bringen, wie giftig die Pflanze wirklich ist. Und wenn doch mal was passiert: „Ruhe bewahren - tödliche Pflanzenvergiftungen sind selten - dann beim Giftnotruf anrufen und möglichst genau erzählen was passiert ist.“