Die richtigen Worte können Scheidungen vermeiden
Braunschweig (dpa) - Kleine Probleme können im Alltag von Paaren zu großen Krisen werden. An der Technischen Universität Braunschweig werden Psychologiestudenten für ein spezielles Training ausgebildet, damit sie Paaren bei der Kommunikation helfen können.
Seit 18 Jahren sind Jens und Regina verheiratet. Affären haben sie nicht, und eine Trennung ist für beide undenkbar. Dennoch sorgen im Alltag Haushalt, Kinder, Freizeit und Sexualität für Streit. Manchmal eskaliert die Situation, böse Worte fallen und Türen knallen. „Später fragen wir uns oft, ob das nötig war“, erzählt Jens. Das Paar hat einen Wochenendkurs an der Technischen Universität (TU) Braunschweig besucht: professionelles Kommunikationstraining. „Das Training war gut. Wir können vieles im Alltag anwenden“, sagt Regina.
„Das Geheimnis zufriedener Paare ist das Gespräch“, betont Ilka Vasterling von der TU. Es gehe nicht um Eheberatung oder gar Therapie. „Es geht eher um ein Coaching, das Problemen vorbeugen soll.“ Deshalb werden jetzt an der TU erstmals Psychologiestudenten für ein spezielles Training ausgebildet.
Statt sich wegen unterschiedlich ausgedrückter Zahnpastatuben oder unausgesprochener Wünsche in die Haare zu bekommen, können Männer und Frauen den richtigen Umgang mit Wörtern trainieren. „Fängt ein Satz mit 'Du' an, folgen oft Vorwürfe“, warnt die Psychologin. Besser sei es, mit „ich“ zu beginnen und die eigenen Gefühle kundzutun. Oft wisse der Partner gar nicht, wie sich der andere fühle. Auch Begriffe wie „immer“ oder „nie“ sollten vermieden werden. Klingt banal. Doch im Alltag werden die einfachen Regeln oft nicht angewendet. Tricks und Tipps - wie etwa ein Zettelkasten mit Wünschen - sollen helfen, sich besser zu verstehen.
Neu ist die Methode mit dem Namen „Ein partnerschaftliches Lernprogramm“ - kurz EPL - nicht. Schon Ende der 1980er Jahre wurden die Grundlagen in München entwickelt, und die Katholische Kirche nutzt es vor allem in Süddeutschland für Ehevorbereitungskurse. „Das Programm ist für alle Paare hilfreich - unabhängig vom Glauben“, betont Kurt Hahlweg, einer der Väter von EPL und Professor in Braunschweig. Nach einer Studie von ihm aus dem Jahr 2010 senkt EPL sogar die Scheidungsrate.
Susanne und Manfred, beide Ende Vierzig, sind seit sieben Jahren zusammen. Die redegewandte Susanne lässt ihren Partner oft nicht ausreden, hört ihm nicht zu. Der zieht sich beleidigt zurück. „Den eigentlichen Problemen gehen wir dann nicht auf den Grund“, bedauert Manfred. Mit EPL lernen die beiden nun, im Gespräch zu bleiben. „Unsere Fehler sind uns erst durch das Training bewusst geworden, vieles können wir jetzt mit Humor im Gespräch geraderücken“, berichtet Susanne.
Rund 40 Prozent aller deutschen Ehen werden laut Hahlweg geschieden - Tendenz steigend. „In den ersten zehn Ehejahren nimmt die Zufriedenheit mit der Beziehung kontinuierlich ab“, sagt der Professor. Dennoch möchte die überwiegende Mehrheit der Menschen lieber in einer Partnerschaft als alleine leben. „Aus gutem Grund“, betont Hahlweg. Singles hätten eine geringere Lebenserwartung.