Leben in einer Senioren-Wohngemeinschaft
Göttingen/Düsseldorf (dpa/tmn) - Gemeinsam kochen, Filme schauen, Musik hören - die WG-Abende sehen bei Senioren nicht viel anders aus als bei Studenten. Zusammen ist man weniger allein: Das schätzen viele im Alter.
Für jeden eignet sich das Wohnmodell aber nicht.
Im Alter nicht allein sein, das wünschen sich die meisten Senioren. Sie wollen Freunde in der Nähe haben, die ihnen helfen und denen sie selbst helfen können. Auch die schönen Momente des Lebens wollen geteilt werden: ein gemeinsames Abendessen, ein Sonntagsspaziergang oder der Besuch des Theaters. Immer mehr Senioren greifen deshalb eine Idee aus Ihrer Jugend wieder auf: die Wohn- oder Hausgemeinschaft.
„Die Vorteile des gemeinschaftlichen Wohnens sind klar“, erklärt die zweite Vorsitzende des „Forums gemeinschaftliches Wohnen“ in Hannover, Ingeborg Dahlmann: „Man lebt selbstbestimmt, aber nicht allein.“ Das „Forum gemeinschaftliches Wohnen“ initiiert und vernetzt Senioren-WG-Projekte bereits seit 1992. In den vergangenen Jahren sei das Interesse gestiegen. Dabei teilten sich die Seniorengruppen eher ein Haus mit mehreren Appartements als eine große Wohnung. „Da gibt es noch mehr Privatsphäre.“
Anne Leyendecker und etwa zwei Dutzend Mitstreiter haben in Düsseldorf ein solches Projekt realisiert. Seit März 2010 wohnt die 65 Jahre alte Architektin im Ruhestand mit 25 anderen Senioren zwischen 55 und 75 Jahren in einer Hausgemeinschaft. „Wir sind 6 Männer und 20 Frauen“, erzählt Leyendecker. Die großen Wohnungen mit 84 bis 95 Quadratmetern werden von Paaren bewohnt. Die anderen Einheiten sind 46 bis 65 Quadratmeter groß und teilweise vom Wohnungsamt gefördert. Die Mietpreise liegen im regionalen Durchschnitt.
„Hinzu kommt der monatliche Anteil für Miet- und Betriebskosten der Gemeinschaftsräume“, sagt Leyendecker. Das seien derzeit monatlich 35 Euro für Singles und 55 Euro für Paare. Dafür stehen in dem vierstöckigen modernen Wohnhaus eine Bibliothek, ein großer Gruppenraum, eine Werkstatt und ein Gemeinschaftsgarten zur Verfügung. „Die Gruppe trifft sich zum Kochen, oder wir schauen gemeinsam Filme an und hören CDs.“
Bis Anne Leyendecker und ihre Mitbewohner in ihr „einst erträumtes Wohnhaus“ einziehen konnten, war es aber ein langer Weg. „Die Idee hatten wir vor etwa fünf Jahren auf einer Party.“ Die Ruheständler konnten sich ein ruhiges Leben im Altersheim nicht vorstellen. Sie gründeten einen Verein, um bei Gesprächen mit der Stadt, mit Wohnungsbaugesellschaften und Architekten als Gruppe aufzutreten.
Auch Ingeborg Dahlmann rät, einen Verein oder eine Genossenschaft zu gründen: „Die Gruppen stehen meist vor ähnlichen Fragen und Entscheidungen: Wo gibt es Grundstücke und zu welchen Konditionen, wo gibt es Objekte zur Miete - die sind besonders gefragt.“
Das Haus sollte nicht isoliert liegen und über eine gute Infrastruktur verfügen. „Der Supermarkt, die Apotheke, der Arzt, öffentliche Verkehrsmittel, das alles sollte innerhalb von einem 500-Meter-Radius zu erreichen sein“, sagt Dahlmann.
Ist ein Vermieter oder eine Genossenschaft gefunden, müssen weitere Fragen geklärt werden: Sind die Wohnungen barrierefrei oder können sie entsprechend umgebaut werden? Lassen sich die Vermieter auf ein Mitspracherecht der Gruppe ein, wenn es darum geht, leer gewordene Wohnungen oder Räume neu zu vergeben? „Die Gruppen schauen sehr genau, wer zu ihnen passt und einziehen darf.“