Oma nach Wunsch - Großelterndienste helfen Familien

Erkner (dpa) - Familien leben oft nicht mehr an einem Ort. Sie können sich aber anders mischen - damit Ältere im Alltag dennoch Enkel haben und die Kleinen Oma und Opa. Großelterndienste in ganz Deutschland bringen sie zusammen.

Oma Waltraud schlägt einen blauen Luftballon in die Luft. Mit großen Augen schaut der einjährige Joel hinterher. Dann übt die 61-Jährige mit Joels Zwillingsschwester laufen. Sie hält das kleine Mädchen mit der Latzhose von hinten an den Armen. „Eins, zwei, eins, zwei.“ Josefin steht noch etwas wackelig auf den Beinen. „Das hier ist einfach schön“, sagt Waltraud Lepek. Sie hat die Zwillinge kennengelernt, da waren sie noch gar nicht geboren. Sie ist nicht mit ihnen verwandt - aber sie liebt sie sehr. Lepeks eigene Enkelkinder wohnen weit weg.

Den Großelterndienst in Erkner bei Berlin, der solche Verbindungen knüpft, gibt es seit vier Jahren. Einer von rund 200 bundesweit ist es, sagt Ellen Schneider, die den Dienst vom Deutschen Roten Kreuz in der Stadt im Speckgürtel organisiert. Rund 40 Kontakte hat sie schon hergestellt: Familien, die Omas oder Opas suchen, weil die eigenen Eltern nicht mehr leben oder nicht um die Ecke wohnen. Und ältere Menschen, die gern Großeltern wären und etwas Sinnvolles tun möchten, aber vielleicht keine Enkel haben oder sie kaum besuchen können.

„Es ist eine typische Situation, bei der alle gewinnen“, sagt Schneider. „Die Großeltern haben Freude und können ihr Wissen weitergeben - die Eltern werden entlastet und die Kinder haben Kontakt zu einer anderen Generation.“ Das sieht auch „Wunschoma“ Lepek mit den Sommersprossen und dem glücklichen Lächeln so: „Ich lebe einfach den Tag mit und helfe ein bisschen, indem ich da bin.“ Mindestens zwei Nachmittage in der Woche ist sie bei Familie Rothaug. Sie schiebt den Zwillingswagen durch die Straßen, geht mit Joel und Josefin in den Garten und backt Sandtorten im Buddelkasten.

Die Zahl der älteren Menschen in Deutschland steigt. Das ist durch den demografischen Wandel gerade auch in Brandenburg so: Junge ziehen aus Dörfern weg oder verlassen die Mark ganz, Ältere werden immer älter. Das Land rechnet mit einem Einwohnerschwund: Bis 2030 sollen es rund sechs Prozent weniger Menschen im Vergleich zu 2008 sein - knapp 2,4 Millionen. Der Anteil der über 80-Jährigen könnte sich fast verdoppeln und auf 9,3 Prozent steigen.

Eigentlich sei es schade, dass so etwas wie ein Großelterndienst nötig sei, meint Siegfried Stresing vom Deutschen Familienverband. „Früher war man in der Nachbarschaft füreinander da, heute mangelt es am Miteinander.“ Doch gerade in Zeiten des demografischen Wandels seien auch Omas und Opas auf Wunsch wichtig - wenn auch nur als Ergänzung zur öffentlichen Betreuung. „Wir sind eben eine mobile Gesellschaft geworden.“ Großeltern - ob verwandt oder nicht - geben den Eltern Sicherheit.

„Wir hatten großes Glück, dass wir jemanden gefunden haben, der so vernarrt in die Zwillinge ist“, sagt der fünffache Vater Detlef Rothaug. Vor den Zwillingen hatten er und seine Frau Alexandra Rothaug schon drei andere Kinder bekommen. Die Großeltern leben in einer anderen Stadt oder können den großen Kinderwagen wegen eines Unfalls nicht schieben. So hatten die Eltern die Idee, sich auf die Suche nach „Wunschgroßeltern“ zu machen. Spätestens seit der Geburt von Joel und Josefin ist in dem gelben Haus in der ruhigen Straße in Erkner immer etwas los.

Josefin - von allen Finchen genannt - hält sich am Couchtisch im Wohnzimmer fest und greift nach der Tasse mit heißem Kaffee. Lepek nimmt sie und schiebt sie zur Seite. „Unsere Waltraud hilft uns“, sagt Rothaug. „Sie ist eine richtige Oma geworden.“