Teurer Klinik-Service: Muttermilch-Banken sind rar geworden

Dresden (dpa) - Muttermilch gilt als gesündeste Nahrung für Neugeborene. Doch für Frauen, die nicht stillen können, wird es schwierig. Muttermilch-Sammelstellen sollen helfen.

Foto: dpa

Abfüllen, untersuchen, einfrieren: Jeder Handgriff von Elke Unger sitzt. Seit knapp 35 Jahren arbeitet die Schwester in der Milchküche der Dresdner Uniklinik. Hier, im Keller des Dresdner Uniklinikums, wird die Nahrung für alle Babys im Haus aufbereitet, die nicht gestillt werden können. Entweder füllen die Schwestern die abgepumpte Milch der Mutter für die Babys ab oder bereiten künstliche Nahrung vor - rund 500 Portionen verlassen die Milchküche pro Tag. Zudem gibt es an der Uniklinik eine Einrichtung, über die nur wenige Kliniken in Deutschland verfügen: eine Sammelstelle für Frauenmilch.

Frauen, die jeden Tag mindestens 200 Milliliter Muttermilch übrig haben, können die nahrhafte Flüssigkeit an der Uniklinik abgeben. Zwischen 30 und 40 Frauen spenden pro Jahr, bis zu 600 Liter kommen an der Uniklinik so zusammen. Muttermilch gilt als gesündeste Nahrung für Neugeborene. Die Spendermilch kann helfen, Frühgeborene und Babys zu ernähren, deren Mütter nicht stillen könnten.

„Leider hat die Spendenbereitschaft in den vergangenen Jahren nachgelassen“, berichtet Unger und führt die veränderten Stillgewohnheiten an. Wurden Kinder früher nur alle vier Stunden an die Brust gelegt, werde heute nach Bedarf und immer öfter gestillt. „Da bleibt kaum etwas zum Abpumpen“, so Unger. Dennoch sind die Kühlschränke im Lager derzeit gut gefüllt. Bis zu einem halben Jahr hält sich die schockgefrostete Milch.

Jede Spende wird mikrobiologisch auf Keime und Krankheiten untersucht. „Um kein Infektionsrisiko einzugehen“, erklärt die Oberärztin der Kinder- und Jugendmedizin, Andrea Näke. Die Untersuchungen machen die Milch teuer: Rund 50 Euro kostet der Liter, wenn er an Eltern von außerhalb oder andere Kliniken abgegeben wird. Für Neugeborene, die an der Uniklinik behandelt werden, ist die Frauenmilch kostenlos. Der Bedarf wäre höher, wenn die Milch preiswerter wäre, vermutet Näke. „Ein Liter Frauenmilch ist sehr wertvoll.“

Während in den USA das Geschäft mit der Muttermilch schon länger boomt, ist in Deutschland in diesem Jahr die erste private Muttermilchbörse an den Start gegangen. Dort können Frauen von anderen Müttern Milch für ihr Baby ordern, die Preise variieren zwischen zwei und sechs Euro für 100 Milliliter. „Ich halte das für grob fahrlässig, Muttermilch im Internet zu verkaufen“, kritisiert Näke. In der Milch könnten Keime enthalten sein.

Nach Angaben der European Milk Bank Association (EMBA) verfügen 13 der rund 200 Kinderkliniken in Deutschland über eine Sammelstelle, die meisten davon im Osten. In der ehemaligen DDR waren die Frauenmilchbanken weit verbreitet, rund 60 gab es laut EMBA noch im Jahr 1989. Heute kann neben Dresden auch in Leipzig, Chemnitz, Görlitz, Frankfurt/Oder, Eisenach oder Cottbus gespendet werden. Dessau, Halle und Zwickau haben ihre Sammelstellen mittlerweile abgeschafft. „Mit den Hygienestandards ist das auf Dauer zu aufwendig geworden“, sagt eine Sprecherin des Zwickauer Heinrich-Braun-Klinikums.

Dennoch hat sich das Jenaer Uniklinikum vor drei Jahren entschieden, eine Frauenmilchbank einzurichten. „Wir haben wissenschaftliche Daten, die zeigen, dass Muttermilch die derzeit optimale Ernährung für Frühgeborene ist“, erklärt Hans Proquitté, Leiter der Neonatologie an der Jenaer Kinderklinik. Mit der Wende seien die meisten der in Ostdeutschland verbreiteten Sammelstellen allerdings geschlossen worden. „Erst langsam wächst wieder das Interesse.“ Da die Zahl der Frühchen steige, werde auch der Bedarf an gespendeter Muttermilch wachsen, ist der Experte überzeugt.

Aus Sicht des Deutschen Hebammenverbandes sind die Frauenmilchbanken von großer Bedeutung. Die wertvolle Nahrung könne Krankheitsrisiken wie Darmerkrankungen minimieren und habe einen positiven Einfluss auf die neurologische Entwicklung der Babys, erläutert Stillexpertin Aleyd von Gartzen. „Deswegen wünschen wir uns, dass es wieder mehr solcher Banken gibt.“