Aktienrückkäufe an der Börse - Alarmsignal oder gutes Zeichen?
Berlin (dpa/tmn) - Aktienrückkäufe von Unternehmen sind umstritten: Für die einen sind sie ein eleganter Weg, die Aktionäre am Firmengewinn zu beteiligen. Andere sehen darin vor allem Ideenlosigkeit.
„Meist werden Aktien mit dem Ziel zurückgekauft, den eigenen Börsenkurs zu erhöhen“, sagt Stephan Witt, Anlagestratege bei der Vermögensberatung Finum Private Finance AG in Berlin. Die Logik dahinter ist einfach: „Da danach weniger Aktien im Umlauf sind, wird der Preis pro Aktie steigen.“
Die Unternehmen betreiben also Kurskosmetik: „Viele Investoren im angelsächsischen Bereich begrüßen das, weil dadurch die Kurse steigen“, sagt Daniel Bauer, Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) in München. Der Anlegerschützer teilt diese Begeisterung nicht ohne Weiteres: „Wir halten Dividenden-Ausschüttungen für den besseren Weg, um Aktionäre am Gewinn zu beteiligen.“
Das Argument, Aktionäre würden von steigenden Kursen profitieren, weil diese anders als Dividenden nicht versteuert werden, lässt Bauer nicht gelten: „Für deutsche Kleinaktionäre stimmt das so jedenfalls nicht.“ Schließlich werde auch auf die Gewinne aus Aktienverkäufen eine Abgeltungssteuern erhoben. Rückkaufprogramme seien daher nur sinnvoll, wenn bereits kontinuierlich eine Dividende gezahlt werde.
Geld an die Aktionäre auszuschütten, sei der wichtigste Grund für Rückkaufprogramme, bestätigt Witt. Doch daneben gebe es noch weitere Gründe: „Möglicherweise will das Unternehmen sich vor einer feindlichen Übernahme schützen.“ Für Konkurrenten wird es danach schwerer, sich einzukaufen, da es weniger verfügbare Aktien gibt und die vorhandenen auch noch einen höheren Preis haben. „Eventuell will das Management auch ein anderes Unternehmen kaufen und dabei mit den eigenen Aktien bezahlen.“
Behält das Unternehmen die Wertpapiere, hat es verschiedene Optionen, erläutert Christoph Schneider, der an der Universität Mannheim zu Corporate Finance forscht. „Eine Möglichkeit besteht darin, die Aktien als Bonus an die Mitarbeiter auszugeben.“ Wenn die AG die Wertpapiere dagegen nicht nur erwirbt, sondern auch vernichtet, wird das Angebot dauerhaft verknappt. „Für das Unternehmen hat das buchhalterische Konsequenzen.“ Durch die Rückkäufe wird das Eigenkapital reduziert, es ist also weniger Geld in der Kasse.
„Im Grunde zeigt das nur, dass der Vorstand keine Ideen hat, wie er das Geld im operativen Bereich investieren soll“, kritisiert Bauer. Das sei in Einzelfällen auch in Ordnung, dürfe aber nicht zur Regel werden. Finanzberater Witt sieht das ähnlich: „Anleger sollten überprüfen, ob die Aktiengesellschaft bereits in andere Projekte investiert hat“, rät er. Werde kaum investiert, sei das möglicherweise ein negatives Zeichen: „Ein Aktienrückkauf deutet dann eventuell auf eine Perspektivlosigkeit der AG hin.“
„Allgemein wird davon ausgegangen, dass Aktienrückkäufe ein positives Signal sind“, sagt Witt. Schließlich konnte die AG viel liquides Kapital ansammeln, um das Programm zu stemmen. Anleger könnten von dem Trend profitieren: „Für so ziemlich jede Anlagemöglichkeit existieren Fonds - so auch bei Aktienrückkäufen.“ Neben aktiv gemanagten Fonds gebe es auch Indexfonds, die gezielt in Firmen investierten, die in den letzten zwölf Monaten Aktien zurückgekauft hätten.
„Es gab bisher kaum Rückkaufprogramme, bei denen die Firma anschließend schlechter dastand“, sagt Bauer. Meist würde die Bewertung an der Börse etwas steigen, „wenn auch nicht überdimensioniert“. Anleger könnten die Aktien also getrost im Portfolio behalten.